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Schrecken ohne Ende

Griechenland braucht ein neues Rettungspaket: Mit diesem Satz sorgte der Finanzminister für Aufsehen. Droht ein Schrecken mit Ende oder ein Schrecken ohne Ende?

Mit einem Nebensatz hat Wolfgang Schäuble in dieser Woche in den Fokus gerückt, was eine Allparteienkoalition aus Union, FDP, SPD und Grünen bisher offiziell verschwieg: Griechenland ist zum Fass ohne Boden geworden, das ohne weitere Finanzhilfen (oder gar einen Schuldenerlass) nicht aus der Verschuldungsfalle kommt.

Bei allen bisherigen Rettungspaketen für Griechenland und allen Eurorettungsschirmen erweckte das politische Establishment den Eindruck, es handele sich ja nur um Bürgschaften, keine verlorenen Zuschüsse. Weil ein Euro-Land ja nicht in die Staatsinsolvenz gehen darf, wurde fleißig die Mär von der griechischen Schuldentragfähigkeit erzählt. Griechenland drücken derzeit 300 Milliarden Euro Schulden, die inzwischen zu fast 90 Prozent von öffentlichen Schuldnern gehalten werden. Damit sind inzwischen die Steuerzahler im Obligo, wenn Griechenland zahlungsunfähig wird.

Oder wer glaubt noch ernsthaft an ein anderes Szenario? Die Griechen zahlen für ihre Kredite derzeit laut IWF durchschnittlich gerade mal 2,3 Prozent Zinsen. Schon im letzten Jahr wurden die Kreditlaufzeiten bis zum Jahr 2041 gestreckt, die bilateralen Kreditzinsen um 1 Prozentpunkt abgesenkt und ein Zinsenaufschub bis zum Jahr 2022 gewährt. Soll die Konkursverschleppung weitergehen, indem man diese Stellschrauben weiter dreht, eine Laufzeitenverlängerung bis zum St. Nimmerleinstag verschiebt? Das wäre doch nichts anderes als ein verschleierter Schuldenerlass.

Ein ehrlicher griechischer Schuldenschnitt würde Deutschland mit einer hohen zweistelligen Milliardensumme belasten, Frankreich übrigens annähernd auch. Doch dieser Schritt würde Begehrlichkeiten wecken, in Irland, in Portugal und anderswo in Euro-Land. Denn warum sollten andere Krisenländer weiter ihre Schulden bedienen, wenn die Griechen bereits zum zweiten Mal einen Erlass bekämen?

Man würde sich gern im Lichte der Dauertragödie „Euro-Rettung“ ins Frühjahr 2010 zurück wünschen und an die „No Bail Out-Regel“ im Europäischen Vertragsrecht erinnern. Was wäre passiert, wenn Griechenland nicht unterstützt worden wäre, wie auch in dieser Kolumne damals empfohlen? Französische Banken allen voran, aber auch andere internationale Geldgeber hätten erfahren müssen, was in einer Marktwirtschaft das Wortpaar Verantwortung und Haftung bedeutet. Sie hätten ihre Dummheit mit hohen Verlusten bezahlen müssen.

Doch stattdessen kam die Politik zu Hilfe: „Solidarisch“ setzte man sich in Europa über die Haftungsbeschränkung für andere Euro-Länder hinweg, nahm den privaten Gläubigern ihr Risikoportfolio ab und vergemeinschaftete zu Lasten des Steuerzahlers die staatlichen und privaten Schuldenexzesse in Südeuropa. Wäre nicht damals ein Ende mit Schrecken – politisch wie ökonomisch – günstiger für Europa zu stehen gekommen als der heute praktizierte Schrecken ohne Ende