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Ja ist denn schon Weihnachten?!

Am Sonntag kommt die Bundesregierung zu einer Koaltionsrunde im Kanzleramt zusammen. Es geht um Betreuungsgeld, Praxisgebühr und Rentenanwartschaften von Eltern. Die politische Praxis der Kompromissfindung lässt vor allem eines erahnen: Mal wieder muss der Steuerzahler ran.

Am Sonntag tagt im Kanzleramt in Berlin wieder einmal eine Koalitionsrunde, die es in sich hat. Es droht eine vorweihnachtliche Bescherung der besonderen Art, weil bei der Kompromissfindung höchstwahrscheinlich die vertrauten Pfade der politischen Konfliktlösung beschritten werden. Trotz aller demonstrativen Bekenntnisse zum Vorziehen des Nullverschuldungsziels auf Bundesebene, wird vor allem ein großes Ausgabenpaket beschlossen. Die CSU bekommt endlich ihr teures Betreuungsgeld. Das kostet den Bund jährlich 1,7 Milliarden Euro. Die FDP wird im Gegenzug mit der Abschaffung der Praxisgebühr belohnt. Die Krankenkassen verlieren dadurch jährlich 2 Milliarden Euro. Und damit der größte Partner im Dreierbund, die CDU, nicht zu kurz kommt, werden die Rentenanwartschaften von Eltern, deren Kinder vor 1992 geboren sind, aufgestockt. Im Jahr 2030 werden sich die rechnerischen Mehrausgaben für diese soziale Leistung auf 7 Milliarden Euro im Jahr summieren.

Man greift sich verwundert an den Kopf. Wird nicht überall in Europa von der Bundesregierung das Lied angestimmt: Abschied von der Staatsverschuldung durch eine Sparpolitik, die das Leben auf Pump zu Lasten der Zukunft einstellt! Verzicht auf überzogene Sozialleistungen, die häufig genug mit Krediten finanziert wurden und werden! Mehr Eigenverantwortung bei der Ausgestaltung der Sozialsysteme und deren Anpassung an die demografischen Veränderungen!

Und was machen wir Deutschen? Wir führen fort, was Generationen von Politikern unterschiedlicher Couleur an Wohlfühlpolitik praktiziert haben. Das Ergebnis sind weit über 2 Billionen Euro verbriefte Staatschulden und eine noch weit höhere Summe an verdeckter Verschuldung in den Alterssicherungs- und Gesundheitssystemen. Ist die Politik zu dumm, aus den gemachten Fehlern zu lernen? Oder sind die Wählerinnen und Wähler so borniert, dass sie sich lieber durch kreditfinanzierte Versprechungen ködern als durch solide Finanzpolitik überzeugen lassen?

Die Bundesregierung ist mit ihrer Freigebigkeit aber nicht allein. Wer die Rentendebatte der Sozialdemokraten verfolgt, muss auch dort an der intellektuellen Redlichkeit zweifeln. Noch immer verfolgt eine starke Strömung in der SPD das Ziel, das Renteneintrittsalter wieder zu senken. Und der beschlossene Kompromiss im Parteivorstand, der bis 2020 eine Absenkung des Nettorentenniveaus verhindern will, würde zu einem Beitragsanstieg von rund 3 Prozentpunkten führen. So trägt man die Folgen der säkularen Alterung auf dem Rücken der jungen Generation aus.

Das große Dilemma der deutschen Innenpolitik besteht darin, dass sich die gesetzgeberischen Urheber der derzeit robusten deutschen Volkswirtschaft nicht zu ihrem eigenen positiven Beitrag bekennen. Ohne die Agenda 2010-Politik, die 2003 eingeleitet wurde, wäre der deutsche Arbeitsmarkt nicht so flexibel geworden, hätte sich keine so hohe Beschäftigungsquote entwickeln können, von der aktuell Staatshaushalte und Sozialversicherungen profitieren. Ohne die Einschnitte in die Rentenformel und die Erhöhung des Renteneintrittsalters wäre die langfristige Tragfähigkeit der gesetzlichen Rentenversicherung nicht gesichert. Die Hartz IV-Gesetze kamen 2003 in einer Allparteienkoalition zustande, weil die rot-grüne Bundestagsmehrheit auch den schwarz-gelben Bundesrat brauchte. Die Rente mit 67 war die einzig wirklich große Strukturreform der Großen Koalition.

Das politische Establishment sollte sich bewusst machen: Wer sich nicht zu den Erfolgen der eigenen Politik bekennt und stattdessen das Rad zurückdrehen will, wird unser Land in die Krise zurück manövrieren.