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Mehr Wohlstand durch Innovationen

Deutschlands privatwirtschaftliche Ausgaben für Forschung und Entwicklung sind auf einem guten Niveau. Doch die Politik steht vor der Herausforderung, die Innovationskraft in Deutschland zu steigern.
Dr. Susanne Cassel und Dr. Tobias Thomas

Autor/Autorin

Dr. Susanne Cassel und Dr. Tobias Thomas

sind Vorsitzende bei Econwatch, einer gemeinnützigen und unabhängigen Organisation, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, verständlich und wissenschaftlich fundiert über Wirtschaftspolitik zu informieren und Reformmöglichkeiten aufzuzeigen.

Dieser Policy Brief entstand auf Grundlage des ECONWATCH-Meetings „Forschungs- und Innovationspolitik: Herausforderungen für die neue Legislaturperiode“ mit Prof. Dietmar Harhoff, Ph.D. (Max-Planck-Institut für Innovation und Wettbewerb) am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung Berlin. Das Video wurde im Vorfeld der Veranstaltung aufgenommen.

Forschung und Innovation können einen wesentlichen Beitrag zu mehr Wachstum und Wohlstand leisten. Sie können helfen, in einer alternden Bevölkerung die Lebensqualität bis ins hohe Alter zu sichern und eine längere Partizipation im Arbeitsleben zu ermöglichen. Zudem ist technischer Fortschritt auch eine Voraussetzung dafür, vereinbarte Klimaziele zu erreichen. In der öffentlichen Debatte wird technischer Fortschritt hingegen oftmals mit Sorgen zum Beispiel im Hinblick auf drohenden Arbeitsplatzverlust oder zunehmende Ungleichheit assoziiert. Damit die Chancen des Fortschritts genutzt werden können, müssen gute Rahmenbedingungen für Forschung und Innovation geschaffen werden. Dazu gehören neben einer leistungsfähigen digitalen Infrastruktur eine an die aktuellen Herausforderungen angepasste Arbeitsmarkt-, Sozial- und Wettbewerbspolitik, der Zugang zu Wagniskapital, eine verbesserte digitale Bildung sowie der Ausbau der Exzellenzforschung an den Universitäten.

Deutschland steht im internationalen Vergleich in Sachen Forschungs- und Innovationspolitik relativ gut da. Die Forschungs- und Entwicklungsquote, das heißt der Anteil der F&E-Ausgaben am Bruttoinlandsprodukt, ist von circa 2,5 Prozent im Jahr 2006 auf knapp drei Prozent im Jahr 2016 gestiegen. Damit bewegt sich Deutschland auf das Spitzenfeld der OECD-Staaten zu. Zusammen mit China, den USA und Japan gehört Deutschland zu den führenden Nationen bei den transnationalen Patentanmeldungen. Während China, Schweden, Südkorea und die USA sich auf den Bereich der Spitzentechnologie (Industriebranchen, die mehr als neun Prozent ihres Umsatzes in F&E investieren) spezialisiert haben, ist Deutschland im Bereich der hochwertigen Technologien (Anteil der F&E-Investitionen zwischen drei und neun Prozent des Umsatzes) stark. Entsprechende Technologien kommen vor allem in der Automobilindustrie, dem Maschinenbau und der chemischen Industrie zum Einsatz. Dies sind zugleich die besonders exportaktiven Wirtschaftsbereiche.

Defizite weist Deutschland dagegen im Bereich der Digitalisierung auf. Nachholbedarf besteht vor allem beim Ausbau von Hochleistungs-Breitbandnetzen und bei der digitalen Bildung. Digitale Technologien, die auf Big Data, Cloud Computing, künstlicher Intelligenz oder Robotik basieren, ermöglichen neue Geschäftsmodelle beziehungsweise stellen etablierte Ansätze in Frage. Plattformangebote wie die Vermittlung von Fahrdiensten, Übernachtungen und Ähnliches haben bereits gezeigt, welche Dynamik von digitalen Anwendungen ausgehen kann. Digitale Anwendungen sind auch zentral für eine erfolgreiche Energiewende, also die Transformation unseres Energieversorgungssystems weg von nuklearen und fossilen Brennstoffen hin zu erneuerbaren Energien. Damit die Unternehmen und Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer den neuen Herausforderungen gerecht werden können und Deutschland die Vorteile der Digitalisierung nutzen kann, sollte die Vermittlung von Kompetenzen im Umgang mit digitalen Technologien in allen Ausbildungsstufen sowie im Weiterbildungssystem gestärkt werden. Schon heute besteht ein wachsender Fachkräftemangel im IT-Bereich.

Forschung und Innovation sind wesentliche Treiber für Produktivitätswachstum und sichern Wachstum, Wohlstand und Lebensqualität. Dabei ist es wichtig, sowohl (radikale) Innovationen zu entwickeln als auch diese in eine breite Anwendung zu bringen. Radikale Innovationen sind vielfach Ergebnis von Grundlagenforschung. Diese sollte daher gestärkt werden. In den letzten zehn Jahren wurden mit der Exzellenzinitiative des Bundes und der Länder zur Förderung von Wissenschaft und Forschung an deutschen Hochschulen und dem Pakt für Forschung und Innovation, der die großen außeruniversitären Forschungsorganisationen stärkt, Fortschritte erzielt. Durch steigende Mittel für Forschung und Innovation und mehr Wettbewerb zwischen Universitäten beziehungsweise Fakultäten haben die Qualität der Forschung und die Reputation deutscher Wissenschaftler zugenommen.

Damit neue Technologien, neue Produkte und neue Prozesse aufgegriffen und marktfähig gemacht werden, müssen die digitale Infrastruktur wirkungsorientiert ausgebaut und die regulatorischen Rahmenbedingungen weiterentwickelt werden. Hier sind vielfältige Politikbereiche angesprochen: so zum Beispiel das Wettbewerbsrecht, wenn es darum geht, neuen Anbietern freien Marktzugang zu gewähren und monopolistische Tendenzen von Plattformanbietern im Auge zu behalten, oder die Arbeitsmarktpolitik, um zum Beispiel flexibles Arbeiten, Telearbeit oder die Nutzung digitaler Technologien am Arbeitsplatz zu ermöglichen. Und nicht zuletzt ist ein guter Zugang zu (Wagnis-)Kapital wichtig, damit innovative Unternehmen entstehen und wachsen können. Da es in der Natur von Innovationen liegt, dass im Vorhinein nicht bekannt ist, was genau herauskommt und wofür eine neue Technologie genutzt werden kann, ist es wichtig, Lernprozesse zu erlauben. Wird staatliche Förderung eingesetzt, sollte sie daher technologieoffen gestaltet sein und nicht zu früh alternative Problemlösungen oder bisher nicht bekannte Anwendungen ausschließen.

Innovationen sind zentral für wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Fortschritt. Damit dieser entstehen kann, ist ein innovationsfreundliches Umfeld wichtig. Da Innovationen teilweise mit Sorge begegnet wird und sie neben Chancen für viele auch negative Auswirkungen für einige, zum Beispiel in der Einkommensverteilung, haben können, sollten die Chancen des technischen Fortschritts deutlich kommuniziert und flankierende Maßnahmen insbesondere in der Aus- und Weiterbildung ergriffen werden, damit Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sämtlicher Bildungsstufen vom technischen Fortschritt profitieren können.

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