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Griechenlandrettung: Teure Gutgläubigkeit

Gestern hat der Deutsche Bundestag beschlossen, dass er Griechenland für sanierungsfähig hält. Denn nur einem Schuldner, dem man zubilligt, mittelfristig wieder auf die Beine zu kommen, kann man Dutzende Milliarden Euros tatsächlich auszahlen. Doch vernünftig ist die zur Schau gestellte Gutgläubigkeit der deutschen und europäischen Politik mitnichten.

Das Vorgehen der Bundesregierung im Falle der Griechenland Hilfspakete erinnert mehr und mehr an politisch motivierte Konkursverschleppung. Griechenlands Staatsverschuldung liegt heute schon wieder auf dem Niveau vor dem ersten Schuldenschnitt, bei dem die privaten Gläubiger auf rund die Hälfte ihrer Forderungen verzichten mussten. Der Forderungsverzicht der staatlichen Gläubiger, der allein Griechenland substanziell und dauerhaft von Zins- und Tilgungsverpflichtungen befreien könnte, ist politisch tabu. Denn keine Partei will in den Monaten vor der Bundestagswahl dem eigenen Volk erklären, dass sich der deutsche Steuerzahler mit hohen zweistelligen Milliardenbeträgen an der Sanierung Griechenland beteiligen soll. Der griechische Staat ist nach wie vor nicht in der Lage ist, seine eigene Bevölkerung mit einer funktionierenden Finanzverwaltung zur Staatsfinanzierung heranzuziehen. Und ob die sozial- und wirtschaftspolitischen Reformen in der administrativen Umsetzung zu einer dauerhaften Wettbewerbsverbesserung des kranken Landes auf der Peloponnes führen werden, steht in den Sternen.

Die andere Alternative, den Ausstieg Griechenlands aus dem Euro-Währungsraum, hat sich die Politik verbaut. „Scheitert der Euro, dann scheitert Europa“, ist Angela Merkels Mantra, für das Deutschland wie Europa teuer zu bezahlen haben: finanziell und politisch.

Jetzt wird die gigantische Last von allen heruntergeredet. Jetzt geht es angeblich ja nur um 750 Millionen Euro, auf die der Bundeshaushalt im kommenden Jahr für Griechenland verzichten muss. Dabei lässt sich die Griechenland-Illusion der europäischen Retter in eine knappe Formel kleiden: Mehr Kredit für null Zins!  Auf knapp 250 Milliarden Euro belaufen sich inzwischen die Griechenland zugesagten Finanzhilfen. Zehn Jahre lang werden den Griechen dafür die Zinszahlungen gestundet. Der danach – vielleicht – zu zahlende Zins wird auf fast Null Prozent abgesenkt. Außerdem werden für die Zukunft zugesagte Kreditraten vorzeitig ausgezahlt. So kann man sich die griechische Zukunft schön rechnen, die Schuldentragfähigkeit im Jahr 2020 auf dem Papier zurechtmanipulieren, die der internationale Währungsfonds zur Voraussetzung für sein weiteres Griechenland-Engagement gemacht hat.

Das Zukleistern von strukturellen Problemen ist zur globalen politischen Strategie geworden. Ob in Japan oder Amerika, in Europa oder aktuell wieder in Argentinien: Die Politik ist gefangen in einer kreditfinanzierten Wohlstandsillusion. Dieses System ist kaputt, der Konkurs eigentlich fällig. Heute müssten verantwortungsbewusste Politiker in vielen Staaten der Welt die überzogenen Versprechungen wieder einsammeln, das Volk auf ein „Weniger ist mehr!“ einstimmen. Mal abgesehen davon, ob sich so couragierte politische Persönlichkeiten finden: Gibt das Volk solchen Botschaften an der Wahlurne tatsächlich eine Chance?