Soziales

Ordnungspolitik, Soziales, Steuern und FinanzenTagged , , , 1 Kommentar zu Rente: Ende mit Schrecken

Rente: Ende mit Schrecken

Anteil der Erwerbstätigen in der jeweiligen Altersgruppe

Besser zu spät, als nie – in diesem Sinne muss sich Bundesfinanzminister Peer Steinbrück letzten Donnerstag dazu durchgerungen haben, die von seiner Regierung forcierte Rentengarantie als Gefahr für die Generationengerechtigkeit zu kritisieren. Viel bringt es wohl nicht, sich zu fragen, warum er erst am Tag vor der abschließenden Bundesratssitzung mit seiner Meinung um die Ecke kommt. Immerhin lagen die Argumente, Zahlen und Folgekosten doch schon im Mai auf dem Tisch: Wenn in Zeiten sinkender Löhne nur die Rentner geschont werden, kommt das den Steuer- und Beitragszahlern teuer zu stehen. Das Tricksen an der Rentenformel kostet uns alle bis zu 73 Milliarden Euro.

Insoweit kann man dem Finanzminister nur Recht geben. In der Sache wäre es aber besser gewesen, wenn er bereits im Mai das Gesetz verhindert hätte, anstatt es im Juli nachträglich zu kritisieren. Steinbrück wird sich wohl an Adenauer erinnert haben, der einmal sagte: „Auch in der Politik ist es niemals zu spät. Es ist immer Zeit für einen neuen Anfang.” Demnach müsste der Bundestag sein umstrittenes Gesetz möglichst schnell wieder zurücknehmen. Dazu passt ein weiteres Sprichwort: „Besser ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende.” Na dann, schau´n mer mal.


Zur Grafik: Rentenpolitik hat Hochkonjunktur. Momentan wird nicht nur die neuste Rentengarantie heftig diskutiert, sondern auch über das Renteneintrittsalter ab 67 Jahren. Aktuelle Zahlen zeigen aber: Die Aufregung ist jedoch unbegründet: lediglich 7 Prozent aller Bürger über 63 Jahren gehen überhaupt noch einer Vollzeitbeschäftigung nach.

Arbeitsmarkt, SozialesTagged , , 1 Kommentar zu Arbeit soll sich wieder lohnen

Arbeit soll sich wieder lohnen

Entwicklung der Aufstocker

Wer mit seiner Erwerbsarbeit das Existenzminimum nicht erreicht, dessen Lohn wird in Deutschland durch Hartz-IV-Leistungen aufgestockt. Gerade in Krisenzeiten würde die Zahl von diesen so genannten „Aufstockern” ansteigen, möchte man meinen. Umso verblüffender ist es, dass nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit derzeit die Anzahl aber rückläufig ist. Eine detaillierte Betrachtung zeigt jedoch Unterschiede – je nachdem, um was für Einkommensbezieher es sich handelt.

Die Anzahl der Aufstocker mit Mini-Jobs (Monatslohn bis 400 Euro) ist in jüngster Zeit leicht angestiegen. In etwa konstant ist die Zahl mit Midi-Jobs (Monatslohn von 400 – 800 Euro). Stark rückgängig ist dagegen die Anzahl mit höher entlohnten Jobs. Wie kann dies sein, denn eigentlich müssten alle Beschäftigungsformen gleichermaßen von der Rezession betroffen sein?

Eine plausible Erklärung liefert ein Blick auf die Hinzuverdienstregelungen bei den verschiedenen Beschäftigungsformen. Wer einen 400-Euro-Job hat und Hartz-IV bezieht, darf nach wie vor per saldo 160 Euro behalten, die anderen 240 Euro werden auf den Hartz-IV-Satz angerechnet. Dahingegen bleiben bei einem Einkommen von 800 Euro – in der Regel ein Job mit viel größerem Zeitaufwand – nur 80 Euro übrig. Eine solche Fehlsteuerung beim Hinzuverdienst für Hartz-IV-Aufstocker macht Mehrarbeit, den Einstieg in Arbeit kaum attraktiv. Offensichtlich hatte die Große Koalition diesen Missstand erkannt – aber leider scheiterten mehrere Anläufe zu einer Reform.

Soziales, Steuern und FinanzenTagged , , 1 Kommentar zu Weniger Menschen – höhere Steuern?

Weniger Menschen – höhere Steuern?

Altersaufbau in Deutschland im Jahr 2050

Fast täglich findet man neue Beiträge zur steuerpolitischen Debatte. Zunächst wurde nur über die Erhöhung des Mehrwertsteuer-Normalsatzes diskutiert. Jetzt auch über die Anhebung des ermäßigten Steuersatzes. Sicherlich ist streitbar, was das Umsatzsteuergesetz dem ermäßigten Steuersatz unterwirft. In Anbetracht der Krise sollte man auf diese Debatte allerdings besser verzichten. Denn zum einen vergeuden diese Gedankenspiele Energie und zum anderen laufen sie Gefahr, generelle Steuererhöhungen anzuregen. Denn jegliche Form von Steuererhöhungen führen in der jetzigen Phase in die falsche Richtung, weil die Inlandsnachfrage dadurch belastet werden würde.

Anstatt sich im Wahlkampf auf eine Mehrwertsteuerdebatte einzulassen, könnte man von allen Parteien verlangen, Antworten auf den demographischen Wandel zu entwickeln. Zwar finden sich in den Programmen auch Aussagen zur Vermeidung von Altersdiskriminierung und über den Zusammenhalt der Generationen. Aber die wichtigste Frage, wie wir mit der Alterung und Schrumpfung der Bevölkerung umgehen sollen, bleibt von der politischen Seite her unbeantwortet. Dabei ist die Vielzahl der Einzelinitiativen in den Ministerien kaum zu überschauen.

Ein Blick voraus sollte im Jahr der Wahl neue Perspektiven eröffnen. So könnte z.B. die Schaffung eines Demografieressorts im Bundeskabinett eine wirklich angemessene Behandlung mit diesem Themenfeld sein. Nur so kann es gelingen, Vorurteile und Ängste überzeugend zu beantworten. Denn die im Grundgesetz fixierte Norm der “Gleichwertigkeit der Bevölkerung” muss angesichts der regionalen Differenzierung der Bevölkerung völlig neu justiert werden.

Finanzmarkt, Soziales, Steuern und FinanzenTagged , , , 2 Kommentare zu Vermögen schmilzt dahin

Vermögen schmilzt dahin

Die Zahl der Dollar Millionäre hat sich in der Krise verringert

Wen trifft die Finanzkrise? Wer verliert? In erster Linie sicher all jene, die durch Kurzarbeit oder gar Arbeitslosigkeit Gehaltseinbußen und den Verlust ihres Jobs beklagen müssen. Dabei wurde die Mittelschicht bereits in den vergangenen Jahren steuerlich besonders belastet.

Jetzt trifft es aber zudem auch die Vermögenden. Die Finanzkrise macht sich auf den Kapital- und Immobilienmärkten besonders bemerkbar. Die 10 Millionen reichsten Menschen der Welt haben bereits rund ein Fünftel ihres Vermögens eingebüßt. Das Vermögen der Dollar-Millionäre ist um mehr als 7 Billionen, auf nun mehr 32,8 Billionen US-Dollar, geschrumpft. Die Zahlen stammen aus dem aktuellen Reichtumsbericht des Finanzhauses Merrill Lynch und der Unternehmensberatung Capgemini.

Die Reichen in Deutschland sind bis dato dagegen vergleichsweise glimpflich davongekommen. Sie mussten lediglich einen Verlust von rund 10 Prozent ihres Vermögens hinnehmen. Neben Vermögensverlusten trifft es aber zudem die Einkommens-Millionäre: So verdienten die Vorstände der 30 DAX Unternehmen im vergangenen Jahr rund 20 Prozent weniger als im Jahr davor.

Dagegen dürfte der gut ausgebaute Sozialstaat in Deutschland die Folgen der Rezession, vor allem in den einkommensarmen Bevölkerungsschichten, abfedern. Denn Deutschland garantiert Arbeitslosengeld- und Rentenempfängern ein sicheres Einkommen. In Mitten der größten Wirtschaftskrise seit dem zweiten Weltkrieg erfuhren die 20 Millionen Rentner zudem die größte Rentensteigerung seit 15 Jahren. Die ungleiche Verteilung von Einkommen und Vermögen wird spürbar abnehmen – die Kluft zwischen Arm und Reich wird kleiner. Auf den einen Blick eine gute Nachricht. Andererseits ist der massive Vermögensverlust der gesamten Volkswirtschaft ein lähmender Bremsklotz auf dem Weg zu mehr Wohlstand für alle.


Jeden Montag oder Dienstag werden im ÖkonomenBlog Beiträge aus der Reihe „Wohlstands-Bilanz-Deutschland“ veröffentlicht, mit denen die 60-jährige Erfolgsgeschichte der Sozialen Marktwirtschaft nachgezeichnet und auf neue Herausforderungen hingewiesen wird. Eine umfassende Übersicht über Wohlstands-Parameter wie Einkommen, Vermögen, Lebensqualität und Bildungschancen finden Sie auf der Internetseite http://www.wohlstandsbilanz-deutschland.de/

Europa, Soziales, Steuern und FinanzenTagged , , , 10 Kommentare zu Wohlstand auf Kosten der Zukunft

Wohlstand auf Kosten der Zukunft

BIP und Schulden pro Kopf im Jahr 2008

Beim Krisenmanagement offenbart sich in Deutschland eine seltene Einigkeit: Ob Bankenrettung, Konjunkturpakete, Staatsverschuldung – Konsens auf Kosten der nächsten Generationen. Denn niemand anders als sie werden die irrsinnige Neuverschulung des Bundes in den Jahren 2010 bis 2012 in Höhe von 310 Milliarden Euro abtragen müssen. Der gigantische Schuldenberg ist größer als der gesamte Bundeshaushalt für das Jahr 2008. Die Schuldenmeister werden sagen: die Konjunkturpakte sichern Arbeitsplätze. Ist es aber moralisch gerechtfertigt, heutige Probleme auf Kosten künftiger Generationen zu lösen? Meiner Ansicht nach nicht.

In der Krise zeigt sich doch unser grundsätzliches Problem: Wie definieren wir Wohlstand? In der Regel orientieren wir uns am Bruttoinlandsprodukt. Wenn es sinkt, entsteht in Deutschland immer eine gedrückte, pessimistische Stimmung. Geht es uns bei sinkendem BIP aber automatisch schlechter? Selbst in Zeiten sinkender Löhne ist unsere Lebenserwartung weiter angestiegen. Gleiches gilt für Bildung und Gesundheit. Werden solche Faktoren bei der Bewertung des Wohlstandsniveaus mit berücksichtigt, dann geht es uns heute besser als in den Jahren zuvor. Vor diesem Hintergrund ist die Frage mehr als berechtigt, ob wir wirklich 310 Mrd. Euro neue Schulden aufnehmen müssen, nur weil wir uns dann wohler fühlen.


Jörg Tremmel ist Wissenschaftlicher Direktor der Stiftung für die Rechte zukünftiger Generationen. Der BlogBeitrag basiert auf einem Interview mit dem Kölner Stadtanzeiger vom 24. Juni 2009.

Bildung, SozialesTagged , , , Leave a Comment on Bologna: Studium & Praxis vereinbaren

Bologna: Studium & Praxis vereinbaren

Entwicklung des durchschnittlichen Alters der deutschen Hochschulabsolventen

Ausgelöst durch den Protest der Schüler und Studenten in der vergangenen Woche ist eine neue Debatte um Bildungsthemen entbrannt. Die Kritik richtet sich vor allem gegen die angestrebte und zum Teil laufende Umstellung des Studiensystems. Mit Bologna sollte erreicht werden, bis 2010 europaweit vergleichbare Studienabschlüsse zu schaffen. Der Prozess hat in Deutschland eine enorme Dynamik ausgelöst. Bis zum Wintersemester 2008/2009 waren bereits über 75 Prozent des deutschen Studienangebots auf Bachelor- oder Master-Studiengänge umgestellt.

Schon in der Anfangsphase des Bologna-Prozesses wurde Sorge geäußert, dass durch die Umstellung Qualität verloren gehen könnte oder die Umstellung nicht dazu genutzt wird, die Inhalte zu überarbeiten und sie den Erfordernissen am Arbeitsmarkt anzupassen. Dieser Sorge haben auch die Streikbündnisse vergangener Woche Ausdruck verliehen.

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Finanzmarkt, Ordnungspolitik, SozialesTagged , , , , 3 Kommentare zu Unbezahlbare Rente

Unbezahlbare Rente

Durchschnittliches Rentenzugangsalter in der Bundesrepublik

Der Ex-Arbeitsminister Franz Müntefering war es, der gegen den Widerstand seiner eigenen Parteimitglieder die Rente mit 67 im Jahr 2006 durchsetzte. Ein Jahr darauf trat das Gesetz in Kraft. Die Begründung damals: Die Rentenbezugsdauer steige immer weiter an, denn die Deutschen werden immer älter. Eine nachhaltige Finanzierung der Rentenkasse sei nicht mehr gewährleistet. Doch durch die Anpassung des Renteneintrittsalters auf 67, kombiniert mit der Einführung des Nachhaltigkeitsfaktors aus dem Jahr 2005 schienen die Verheißungen des ehemaligen Arbeitsministers Blüm „die Rente ist sicher“ das erste Mal seit langer Zeit der Realität wenigstens etwas näher.

Heute, zu Zeiten der Finanzkrise, scheint dies jedoch alles vergessen. Die Rentner erfahren durch Manipulationen an der Rentenformel ungerechtfertigt die größte Rentensteigerung seit 15 Jahren, während die Beitragszahler mit Kurzarbeit und Reallohnverlusten kämpfen. Durch das Aussetzen der Riester-Treppe aus dem vergangenen Jahr steigt der Renten-Beitragssatz auf die schwindelerregende Höhe von 21,1 Prozent im Jahr 2011. Darüber hinaus wird jetzt noch die Rente mit 67 ins Visier genommen. Das Argument: infolge der Rezession drohe die Arbeitslosigkeit zu steigen – um dem entgegenzuwirken sollen alte Arbeitnehmer Platz für junge machen.

Die Argumente von 2006 scheinen im Wahlkampf 2009 vergessen worden zu sein. Dabei lehrt die Erfahrung, dass die frühere Ausmusterung älterer Arbeitnehmer die Beschäftigungschancen der jüngeren nicht verbessert. Das Gegenteil ist sogar der Fall. Höhere Sozialabgaben erhöhen die Arbeitskosten und veranlassen Unternehmen stärker als bisher, Jobs abzubauen. Die zukünftigen Beitrags- und Steuerzahler werden durch den demografischen Wandel ohnehin schon so stark belastet, wie keine Generation vor ihnen. Die frühzeitige „Ausmusterung“ älterer Arbeitnehmer war ökonomisch noch nie sinnvoll. Zukünftig wird es unbezahlbar sein.

Soziales, Steuern und FinanzenTagged , , , , , , , 5 Kommentare zu Mit Gleichheit zu weniger Wohlstand?

Mit Gleichheit zu weniger Wohlstand?

Entwicklung der oberen und unteren Einkommensschichten

Mit dem Thema Armut wird in der deutschen Öffentlichkeit regelmäßig der Nerv der Bürgerinnen und Bürger getroffen. Das hat zuletzt auch die groß angelegte Debatte um überzogene Managergehälter und astronomischen Bonuszahlungen an Investmentbanker gezeigt. Mit dem Hinweis auf jene Verdienste der Manager suggerieren die Armutsberichte eine breiter werdende Kluft zwischen Managergehälter und Niedriglohnempfänger. Der Abstand zwischen „unten” und „oben” wird immer größer, heißt es. Das stimmt zwar, betrifft aber nur einen kleinen Teil der Bevölkerung. Tatsächlich sind in Deutschland nur sehr wenige Personen derart reich. So beziehen zum Beispiel nur etwa 0,4 Prozent der Beschäftigten ein Bruttomonatsgehalt von über 10.000 Euro. Die breite Bevölkerung, die definitorisch weder arm und reich ist, findet in den zahlreichen Armutsdebatten kaum Beachtung.

Tatsächlich ist die Lücke zwischen arm und reich, kaum größer geworden. Weder werden die armen wesentlich ärmer, noch werden die reichen viel reicher. So hat seit der Wiedervereinigung der Einkommensanteil am Gesamteinkommen der ärmsten 10 Prozent nur um 0,4 Prozentpunkte bis zum Jahr 2007 abgenommen. Der Anteil der reichsten 10% am Gesamteinkommen stieg im gleichen Zeitraum leicht von 20,2 auf 22,4 Prozent. Die objektive Einschätzung, dass die Armen immer ärmer und die Reichen immer reicher werden ist statistisch somit kaum zu halten.

Angesichts der Finanzkrise wird sich die Vermögensungleichverteilung wieder etwas relativieren, denn die Vermögenseinkommen dürften in den kommenden Jahren geringer ausfallen und der Rückgang der Aktienkurse das nominelle Vermögen deutlich reduzieren. Dadurch wird die Wohlstandsverteilung wieder etwas weniger ungleich, obschon der Wohlstand insgesamt auch leicht abnehmen wird. Weniger Ungleichheit bedeutet somit keineswegs mehr Wohlstand für alle.


Jeden Montag oder Dienstag werden im ÖkonomenBlog Beiträge aus der Reihe „Wohlstands-Bilanz-Deutschland“ veröffentlicht, mit denen die 60-jährige Erfolgsgeschichte der Sozialen Marktwirtschaft nachgezeichnet und auf neue Herausforderungen hingewiesen wird. Eine umfassende Übersicht über Wohlstands-Parameter wie Einkommen, Vermögen, Lebensqualität und Bildungschancen finden Sie auf der Internetseite http://www.wohlstandsbilanz-deutschland.de/

Bildung, Finanzmarkt, Ordnungspolitik, SozialesTagged , , 1 Kommentar zu Konjunkturpakete: Bildung kommt zu kurz!

Konjunkturpakete: Bildung kommt zu kurz!

Deutschland stemmt sich mit Milliarden gegen die Wirtschaftskrise. Aber mit welchem Erfolg? ÖkonomenBlog-Autor Ferdinand Pavel bezweifelt einen langfristigen Impuls. Denn bei den Konjunkturpaketen kommen Investitionen in die Bildung viel zu kurz.

Im Rahmen der Konjunkturpakete geplante Ausgaben für Bildung.

Das deutsche Bildungssystem bedarf dringend der Verbesserung. Zahlreiche Studien wie die PISA-Studien der OECD, der jährlich vom World Economic Forum in Davos veröffentlichte „Global Competitiveness Report“ oder der Innovationsindikator des DIW Berlin belegen, dass insbesondere die Qualität der Bildung in Deutschland international nicht wettbewerbsfähig ist.

Im Rahmen der zum Jahreswechsel beschlossenen Konjunkturpakete verspricht die Bundesregierung „signifikante Investitionen in Bildung“. Tatsächlich sollen in diesem Zusammenhang durch Bund und Länder knapp 8 Mrd. Euro zur Verfügung gestellt werden.  Ein derartiges Investitionsvolumen weckt auf den ersten Blick Hoffnung auf eine nachhaltige Verbesserung des Bildungssystems. Allerdings lässt bereits der zweite Blick berechtigte Zweifel an der Ausgewogenheit der Pläne aufkommen. So beschränken sich die Ausgaben vor allem auf die Verbesserung der Bildungsinfrastruktur, wobei die Investitionsschwerpunkte im Bereich der energetischen Sanierung liegen.

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Arbeitsmarkt, Ordnungspolitik, Soziales, Steuern und FinanzenTagged , , , , , , 1 Kommentar zu Live-Blog zur Renten-Debatte bei Anne Will

Live-Blog zur Renten-Debatte bei Anne Will

Live-Blog am Sonntag ab 21.45 Uhr.Seit 21.45 Uhr: Anne Will diskutiert mit Fachleuten aus Wissenschaft und Politik über die am Freitag vom Bundestag beschlossene Rentengarantie. Mit dabei ist ÖkonomenBlog-Autor Prof. Dr. Bernd Raffelhüschen. Der Rentenexperte hatte in dieser Woche vor einer enormen Kostenlawine gewarnt. “Die Tricksereien an der Rentenformel kosten 46 Milliarden Euro und belasten die Steuer- und Beitragszahler. Ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz.” Raffelhüschen rechnet mit steigenden Rentenbeiträgen: “Im Jahr 2011  wird eine Erhöhung auf 21,1 Prozent notwendig sein.”

Im ÖkonomenBlog berichten wir jetzt live über markante Statements und Positionen.

22.43 Uhr: Anne Will schließt die Diskussion und gibt weiter an Tom Buhrow von den Tagesthemen. Na dann, tschüss und auf Wiedersehen.

22.40 Uhr: Stegner: Jeder, der 40 Jahre gearbeitet hat, muss auch im Alter eine ausreichende Rentenleistung bekommen. Hier ist immer auch der Sozialstaat gefordert.

22.34 Uhr: Raffelhüschen: Ich habe ein Problem mit dem Konzept des bedingungslosen Grundeinkommens. Beispiele aus anderen Ländern zeigen: Hier fehlen dann die Anreize, selbst Vorsorge zu treffen.

22.31 Uhr: Spahn: Es ist richtig, dass das bisherige System nicht mehr genau den veränderten Arbeitsbedingungen entspricht. Mehr Steuerfinanzierung ist sicher richtig. Was wir aber auch brauchen, ist eine Mindest-Pflichtversicherung für jeden.

22.28 Uhr: Lobo: Eine Steuerfinanzierung des Systems finde ich sinnvoller.

22.25 Uhr: Auf dem “Betroffenheits-Sofa” sitzt Sascha Lobo, Buchautor und Blogger. Und sagt: Ich habe bisher sechs Monate in die Rentenkasse eingezahlt. Seit dem nichts mehr. Jetzt bin ich Selbstständig und sorge überhaupt nicht vor. Meine Hauptinvestition ist meine Frisur.

22.21 Uhr: Spahn: Das Gesetz sagt, dass die Kosten der verschobenen Rentenkürzung in den nächsten Jahren nachfinanziert werden müssen. Wir sitzen alle im gleichen Boot: Wenn es gut geht, sollen alle profitieren. Wenn es uns schlechter geht, sollten wir auch alle beteligt werden. Das ist doch ein gutes Prinzip.

22.19 Uhr: Stegner wird gefragt, ob der Preis der Rentengarantie zukünftige Nullrunden sind. Antwort: Es hat auch in der Vergangenheit schon Nullrunden gegeben.

22.16 Uhr: Engelen-Kefer: Die Ansprüche aus der Deutschen Einheit hätten aus Steuern finanziert werden müssen.

22. 15 Uhr: Raffelhüschen: Die Rentenversicherung ist ein Umlagesystem. Und in der Kasse ist nichts drin. Erklären Sie mir mal, wie wir daraus was nehmen können?

22.14 Uhr: Lisette Milde, Rentnerin: Der Staat hat so viel Geld aus der Rentenversicherung herausgenommen. Schon Adenauer hat die Bundeswehr damit finanziert.

22.09 Uhr: Engelen-Kefer kritisiert, dass in der Rentenversicherung zu viele versicherungsfremde Leistungen mitfinanziert werden. Hiervon muss man runter. Das System ist schief finanziert und soll höhere Steuerzuschüsse erhalten.

22.06 Uhr: Jens Spahn, CDU: Der Rentenbeitrag wird nicht so sinken, wie wir das mal geplant haben.

22.01 Uhr: Ursula Engelen-Kefer, DGB: Den Rentnern wurden in den letzten Jahren Real-Verluste zugemutet. Die höheren Renten in diesem Jahr sind ein angemessener Ausgleich dafür.

21.58 Uhr: Raffelhüschen: Die neue Rentengarantie hebt das Solidarprinzip auf. Wenn die Bruttolöhne sinken, müssen auch die Renten sinken. Wenn man darauf jetzt verzichtet, dann verursacht das Kosten. Diese müssen getragen werden – vom Beitragszahler oder vom Steuerzahler.

21.54 Uhr: Ralf Stegner, Präsidiumsmitgled der SPD: Wir sollten nicht die Generationen gegeneinander ausspielen. Wir sollten den Rentnern jetzt sagen, dass ihre Renten nicht sinken. Gerade in Zeiten, in denen den Banken mit Milliarden geholfen wird.

21.48 Uhr: Im Maz-Beitrag werden die Ergebnisse des Renten-Gutachtens im Auftrag der INSM skizziert: Die Rentengarantie führe zu Beitragssteigerungen auf bis zu 21,1 Prozent.

21.46 Uhr: Anne Will zitiert den Bundesarbeitsminister Olaf Scholz. Erst vor Wochen sagte er: “Der Rentenbeitragssatz wird in den nächsten 10 Jahren nicht über den bisherigen Satz von 19,9 Prozent steigen.”

Bildung, Ordnungspolitik, Soziales, Steuern und FinanzenTagged , , , , , , Leave a Comment on Bildungsstreik nicht unumstritten

Bildungsstreik nicht unumstritten

Die Bildungsausgaben sind kontinuierlich gestiegenÖkonomenBlog-Spezial zum Bildungsstreik

RCDS: Konkrete Ansätze für Konzepte? Fehlanzeige!
Juso-Hoschulgruppe: Mehr Chancengleichheit im Bildungssystem
LHG: Prioritäten statt Sozialismus

Deutschland diskutiert über Bildungspolitik. Ausgelöst durch den Protest tausender Schüler und Studenten, durch Demos und Streiks an Schulen und Universitäten. Statt pauken und büffeln standen in dieser Woche debattieren und demonstrieren auf dem Stundenplan.

Aufgerufen dazu hatte ein Bündnis aus verschiedenen Hochschulgruppen und Arbeitskreisen. Ziel: Eine breite Diskussion über die Zukunft des Bildungssystems, mehr Geld, bessere Ausstattung und mehr Freiraum fürs Studium und für Auslandssemester.

Konkrete Forderungen finden sich auf der zentralen Website www.bildungsstreik2009.de. Dazu gehören:

• Die Bologna-Reformen sollen umgestaltet und die Mobilität zwischen den einzelnen Hochschulen verbessert werden. 
• Eine Abkehr von Bachelor- und Regelabschlüssen. Das verschulte Studium nehme den Studierenden die Freiheit, sich in eine bestimmte Richtung zu spezialisieren.
• Die Abschaffung von Studiengebühren und eine gesetzlich verankerte Gebührenfreiheit von Bildung.
• Der Abbau von „wirtschaftlichen Zwängen“ soll ein Studium auch für alle Gesellschaftsschichten möglich machen.
• Mehr Investitionen in die deutsche Bildungslandschaft und dadurch eine Verbesserung der Lehr- und Studienbedingungen, sowie ein deutlicher Ausbau der Studienplätze.

Klare Positionen – aber nicht unumstritten. Selbst unter den Studierenden tobt ein inhaltlicher Streit über den Sinn und Zweck bisheriger Hochschulreformen. Einige Hochschulgruppen lehnen die Abschaffung der Studiengebühren sogar dezidiert ab.

Umstritten sind auch die Methoden, mit denen sich die Studierenden in dieser Woche zu Wort melden. Während die einen zum umfassenden Generalstreik an Schulen und Hochschulen aufrufen, lehnen die anderen einen Streik rigoros ab und wollen ihre Forderungen am Verhandlungstisch debattieren.

Der ÖkonomenBlog fragen nach: Wie positionieren sich die einzelnen Hochschulgruppen? Zu Wort melden sich Vorstandsmitglieder von RCDSJuso– und Liberaler Hochschulgruppen. Die Autoren sind jeweils Studierende wirtschaftswissenschaftlicher Studiengänge.

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Konkrete Ansätze für Konzepte? Fehlanzeige!

Vergleich Ausgaben für BildungÖkonomenBlog-Spezial zum Bildungsstreik: RCDS

Obwohl der Bildungsstreik 2009 bestehende Missstände im Bildungssystem aufzeigt, fehlt es an konkreten Konzepten, die Studienbedingungen zu verbessern. Die Schülerproteste im November letzten Jahres haben gezeigt, dass ein Bildungsstreik dieser Art nicht friedlich abläuft, sondern in Gewalt und Randale enden kann. Auch am Mittwoch kam es – erwartungsgemäß – in mehreren Städten zu Zwischenfällen. An der Universität Magdeburg beispielsweise wurde die Fakultät für Geistes-, Sozial- und Erziehungswissenschaften von früh morgens bis 13.00 Uhr verbarrikadiert. In Mainz wurden sogar das Abgeordnetenhaus des Landtags Rheinland-Pfalz gestürmt und erhebliche Schäden an einer Ausstellung zur Friedlichen Revolution in der DDR angerichtet. Damit verliert der Bildungsstreik seine Glaubwürdigkeit.

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Mehr Chancengleichheit im Bildungssystem

Die Hochschulfinanzierung setzt falsche PrioritätenÖkonomenBlog-Spezial zum Bildungsstreik: Juso-Hochschulgruppe

Die Juso-Hochschulgruppen beteiligen sich aktiv am Bildungsstreik um auf bildungspolitische Missstände in unserer Gesellschaft aufmerksam zu machen. Wir freuen uns über die breite Beteiligung verschiedener gesellschaftlicher Gruppen und über die große Unterstützung vieler Akteure. Vielerorts haben sich tausende von Menschen auf die Straßen begeben um auf Fehlentwicklungen in der Bildung hinzuweisen. Wir setzen uns auf allen Ebenen für mehr Chancengleichheit im Bildungssystem ein und erteilen der vielfach existenten neoliberalen Konzentration auf Elitenförderung eine klare Absage.

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Bildung, Ordnungspolitik, Soziales, Steuern und FinanzenTagged , , , , , Leave a Comment on Prioritäten statt Sozialismus

Prioritäten statt Sozialismus

Durchschnittsalter der HochschulabsolventenÖkonomenBlog-Spezial zum Bildungsstreik: LHG

Mal wieder eine Ausstellung – nicht wundern darf man sich, dass die bundesweiten Proteste, die sich vorgeblich um oder für oder gegen irgendwelche Formen der Bildung drehen, im Abgeordnetenhaus des Mainzer Landtags zur Verwüstung einer Ausstellung zu „20 Jahren friedliche Revolution“ geführt haben. Das Bildungsstreikbündnis findet schließlich nicht nur seine Inspiration in den Schülerprotesten des letzten Spätjahres, bei welchem eine jüdische Ausstellung in Berlin zerstört wurde, sondern vereint auch antidemokratische Gruppen, für die die friedliche Revolution in Deutschland wohl kein Höhepunkt war: Der Sozialismus wurde überwunden, dazu auch noch friedlich.

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Ordnungspolitik, SozialesTagged , , , 3 Kommentare zu Renten-Tricks sehr teuer

Renten-Tricks sehr teuer

Rentenbeitragssätze in verschiedenen SzenarienAm Freitag will die Bundesregierung ein Verbot von Rentenkürzungen durchsetzen. ÖkonomenBlog-Autor und Rentenexperte Bernd Raffelhüschen hatte dies bereits als Verstoß gegen den Gleichbehand- lungsgrundsatz kritisiert. Nun hat er die Kosten berechnet: Das Tricksen an der Rentenformel kostet Milliarden – und belastet Beitrags- und Steuerzahler.

Auf den ersten Blick ist es doch eine feine Sache: Wenn es der Wirtschaft schlecht geht, sollen nicht auch noch die Rentenempfänger darunter leiden. Aber bereits auf den zweiten Blick geht diese Rechnung nicht auf. Wenn die Menschen auf Grund der Wirtschaftskrise in diesem Jahr weniger Einkommen erwirtschaften, kann man die Rentenempfänger nicht gänzlich schonen. Es sei denn, man nimmt gigantische Kosten in kauf – und stellt diese den Erwerbstätigen zusätzlich in Rechnung.

Das Rentenkürzungs-Verbot, das der Bundestag am Freitag beschließen soll, wird voraussichtlich 46 Milliarden Euro kosten. So wird die Kostenlawine, die auf Steuer- und Beitragszahler zurollt, immer größer. Bereits durch das Aussetzen der „Riestertreppe“ in 2008 und 2009 sowie durch das Aussetzen von Rentendämpfungen in 2005 und 2006 entstehen Mehrausgaben von 27 Milliarden Euro. Die drei Renten-Tricks kosten zusammen 73 Milliarden Euro.

Bis ins Jahr 2021 (im Falle eines pessimistischeren Wirtschaftsszenarios sogar bis zum Jahr 2027) müsste diese Kostenlawine bei Verabschiedung des Rentenkürzungsgesetzes abgebaut werden. Bis dahin können mögliche Rentensteigerungen nur deutlich gedämpft bei den Rentnern ankommen. Aber auch die Beitragszahler werden nicht ungeschoren davon kommen. Denn bereits im nächsten Jahr wird die Mindestrücklage der Rentenversicherung ihre Untergrenze unterschreiten. Dann wird es zwangsläufig zu einer Anhebung der Beitragssätze kommen. Bereits im nächsten Jahr rechne ich mit einem Fehlbetrag, der zu einer Erhöhung des Beitragssatzes von 19,9 auf 20,2 Prozent führt. Im Jahr 2011 wird sogar eine Erhöhung auf 21,1 Prozent notwendig sein.

Im ÖkonomenBlog hatte ich bereits am 5. Mai geschrieben: „Dieses Gesetzesvorhaben ist aus rentensystematischer Sicht schlichter Unfug und zugleich eine eklatante Verletzung des verfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes. (…) Die Zeche wird immer gezahlt nur meistens von den anderen! Sollte die große Koalition aufgrund des herrschenden Wahlkampfes ein Gesetz zur Garantie von Nominalrenten auf den Weg bringen und zugleich die notwendigen Beitragserhöhungen auf später verschieben, so sind die intergenerativen Umverteilungen eindeutig: Bezahlen wird die Zeche der zukünftige Beitragszahler – und damit verhalten wir uns wieder einmal als Zechpreller zu Lasten unserer Kinder und Enkel!“ Angesichts der nun konkret errechneten Folgekosten, kann ich diese Aussagen nur nochmals eindringlich unterstreichen.