Finanzmarkt

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International wettbewerbsfähig (bleiben)

Arbeitskosten der Industrie je Arbeitnehmer

Seit 2003 ist Deutschland Exportweltmeister. So sehr man sich über den Titel auch freuen kann, überbewerten darf man ihn nicht. Denn als große, offene Volkswirtschaft mit hohem Industrieanteil inmitten des Euroraums verfügt Deutschland auch über beste Vorraussetzungen dazu. Verhängnisvoll wäre es, sich auf dem Erreichten auszuruhen. Gerade jetzt sehen wir, dass eine Exportwirtschaft extremen Wettbewerbsbedingungen ausgesetzt ist.

Zu den wichtigsten Standortfaktoren gehören nach wie vor die Arbeitskosten pro Stunde: Deutschland ist und bleibt aber nicht gerade ein billiger Standort. Nur Belgien, Schweden, Dänemark und die Schweiz sind teurer. Im Standortwettbewerb ist das ein gehöriger Nachteil, insbesondere bei Neuansiedlungen.

Entscheidender Kostentreiber in Deutschland ist allerdings nicht das hohe Lohnniveau. Das zeigt ein Blick auf die große Kluft zwischen Netto- und Bruttoeinkommen, also auf die international viel zu hohen Lohnzusatz- und Nebenkosten. Wenn die Einkommen auch in Zukunft steigen sollen, muss es zunächst einmal gelingen, die Arbeitnehmer von zu hohen Steuern und Abgaben zu befreien. Zum anderen müssen die Wachstums- und Fortschrittspotentiale gestärkt werden. Nur so kann der Produktivitätsvorsprung gegenüber der Konkurrenz langfristig gesichert werden – mit Qualität und Innovation lassen sich höhere Preise auch im Ausland rechtfertigen. Investitionen in Bildung, Wissenschaft und Forschung, die Entwicklung von Humankapital – dies sind die Wachstumstreiber der Zukunft. So können wir die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland stärken und den Wohlstand jedes Einzelnen erhalten und ausbauen.


Jeden Montag oder Dienstag werden im ÖkonomenBlog Beiträge aus der Reihe „Wohlstands-Bilanz-Deutschland“ veröffentlicht, mit denen die 60-jährige Erfolgsgeschichte der Sozialen Marktwirtschaft nachgezeichnet und auf neue Herausforderungen hingewiesen wird. Eine umfassende Übersicht über Wohlstands-Parameter wie Einkommen, Vermögen, Lebensqualität und Bildungschancen finden Sie auf der Internetseite http://www.wohlstandsbilanz-deutschland.de/

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Banken unabhängiger kontrollieren

Intensität der Bankenaufsicht

Die Finanzmarktkrise hat einen dringenden Reformbedarf bei der Bankenaufsicht offen gelegt. Davon betroffen sind die bankaufsichtlichen Regeln, dies betrifft aber auch die Organisation der Bankenaufsicht. In Deutschland teilen sich die Bundesanstalt für die Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) und die Bundesbank die Aufgabe der Bankenaufsicht. Während die Bundesbank die Prüfungen vor Ort durchführt und die Meldungen der Banken entgegennimmt, erlässt die BaFin bankaufsichtliche Maßnahmen wie die Anordnung einer Sonderprüfung oder die Schließung eines Kreditinstituts.

Die Aufgabenteilung ist immer wieder ins Fadenkreuz der Kritik geraten: Sie führe zu Kompetenzwirrwarr, Reibereien zwischen den beiden Institutionen behindere die Effektivität der Bankenaufsicht, die BaFin sei zu weit weg von den Banken, um einen zeitnahen Einblick in deren Lage zu haben. Um diese Mängel abzustellen, sollte – so wird gefordert – die Bankenaufsicht unter einem Dach vereint werden.

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Finanzmarkt, Soziales, Steuern und FinanzenTagged , , , 2 Kommentare zu Vermögen schmilzt dahin

Vermögen schmilzt dahin

Die Zahl der Dollar Millionäre hat sich in der Krise verringert

Wen trifft die Finanzkrise? Wer verliert? In erster Linie sicher all jene, die durch Kurzarbeit oder gar Arbeitslosigkeit Gehaltseinbußen und den Verlust ihres Jobs beklagen müssen. Dabei wurde die Mittelschicht bereits in den vergangenen Jahren steuerlich besonders belastet.

Jetzt trifft es aber zudem auch die Vermögenden. Die Finanzkrise macht sich auf den Kapital- und Immobilienmärkten besonders bemerkbar. Die 10 Millionen reichsten Menschen der Welt haben bereits rund ein Fünftel ihres Vermögens eingebüßt. Das Vermögen der Dollar-Millionäre ist um mehr als 7 Billionen, auf nun mehr 32,8 Billionen US-Dollar, geschrumpft. Die Zahlen stammen aus dem aktuellen Reichtumsbericht des Finanzhauses Merrill Lynch und der Unternehmensberatung Capgemini.

Die Reichen in Deutschland sind bis dato dagegen vergleichsweise glimpflich davongekommen. Sie mussten lediglich einen Verlust von rund 10 Prozent ihres Vermögens hinnehmen. Neben Vermögensverlusten trifft es aber zudem die Einkommens-Millionäre: So verdienten die Vorstände der 30 DAX Unternehmen im vergangenen Jahr rund 20 Prozent weniger als im Jahr davor.

Dagegen dürfte der gut ausgebaute Sozialstaat in Deutschland die Folgen der Rezession, vor allem in den einkommensarmen Bevölkerungsschichten, abfedern. Denn Deutschland garantiert Arbeitslosengeld- und Rentenempfängern ein sicheres Einkommen. In Mitten der größten Wirtschaftskrise seit dem zweiten Weltkrieg erfuhren die 20 Millionen Rentner zudem die größte Rentensteigerung seit 15 Jahren. Die ungleiche Verteilung von Einkommen und Vermögen wird spürbar abnehmen – die Kluft zwischen Arm und Reich wird kleiner. Auf den einen Blick eine gute Nachricht. Andererseits ist der massive Vermögensverlust der gesamten Volkswirtschaft ein lähmender Bremsklotz auf dem Weg zu mehr Wohlstand für alle.


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Europa, FinanzmarktTagged , , 1 Kommentar zu Binnenmarkt: Sand im Getriebe

Binnenmarkt: Sand im Getriebe

Verurteilungen für Verstöße gegen den EG-Vertrag

Adam Smith hatte eine revolutionäre Idee: In seinem Hauptwerk von 1776 „The Wealth of Nations” beschrieb er die Chancen der internationalen Arbeitsteilung – die Keimzelle für wachsenden Wohlstand für alle. Knapp 220 Jahre später, am 31.12.1992 wurde offiziell die Einführung des europäischen Binnenmarktes vollendet. Das Ziel war ein wichtiger erster Schritt zur freien Marktwirtschaft: Abbau von Handelshemmnissen, Verschmelzung der nationalen Märkte zu einem einzigen.

Der EU-Binnenmarkt steht für ein konsequentes Ordnungsmodell: Zölle und andere Handelsbeschränkungen sind mit diesem Modell nicht vereinbar. Darüber hinaus gilt das Prinzip gegenseitiger Anerkennung, d.h. Waren die in einem EU-Land rechtmäßig hergestellt wurden und in den Verkehr gebracht worden sind, dürfen danach auch in allen anderen Ländern der Union verkauft werden.

Wer gegen die sog. vier Freiheiten des europäischen Binnenmarktes verstößt, bekommt es mit der Europäischen Kommission als dessen Hüterin zu tun, die den – EU internen – Freihandel vor Protektionismus schützen sollte. Doch wie ernst werden die Spielregeln von den Nationalstaaten tatsächlich genommen? Die Analyse zeigt: In der Praxis knirscht so manches Sandkörnchen im Getriebe.

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Finanzmarkt, Steuern und FinanzenTagged , 1 Kommentar zu Kein schlechtes Geschäftsmodell

Kein schlechtes Geschäftsmodell

Ausweitung der Zentralbankbilanzen

Die EZB hat in dieser Woche mit einem Tender 1.112 Banken im Euroraum sage und schreibe 442 Mrd. Euro zu einem Zins von 1 Prozent mit einer Laufzeit von einem Jahr zur Verfügung gestellt. Noch nie hat die EZB an so viele Institute so viel Geld so lange ausgereicht. Hinter dieser Maßnahme stecken keine Einlagen von Sparern, sondern neues Zentralbankgeld. Was als zusätzliche Liquidität für den Markt dienen soll, ist im Kern ein Subventionsprogramm für die Bankenbranche. Banken sind notorisch eigenkapitalschwach. Die meisten Privatbanken haben im Verhältnis zu ihrer Bilanzsumme eine Eigenkapitalquote von unter 2 Prozent. Die gesamte Branche in Deutschland von unter 5 Prozent. Aktuelle und künftige Wertberichtigungen führen da sehr schnell zum Exitus. Zwar mahnt Bundesbankpräsident Weber die Banken, sie mögen doch die günstigen Konditionen an ihre Kunden weitergeben, doch er weiß selbst sehr genau, dass sie das nicht tun werden. Wenn die Banken ihre Unternehmenskredite zu 6 Prozent weiterreichen, dann spült das den Banken rund 22 Mrd. Euro in die Kassen. Kein schlechtes Geschäftsmodell, selbst wenn einige dieser Kredite notleidend werden sollten.

Finanzmarkt, Ordnungspolitik, SozialesTagged , , , , 3 Kommentare zu Unbezahlbare Rente

Unbezahlbare Rente

Durchschnittliches Rentenzugangsalter in der Bundesrepublik

Der Ex-Arbeitsminister Franz Müntefering war es, der gegen den Widerstand seiner eigenen Parteimitglieder die Rente mit 67 im Jahr 2006 durchsetzte. Ein Jahr darauf trat das Gesetz in Kraft. Die Begründung damals: Die Rentenbezugsdauer steige immer weiter an, denn die Deutschen werden immer älter. Eine nachhaltige Finanzierung der Rentenkasse sei nicht mehr gewährleistet. Doch durch die Anpassung des Renteneintrittsalters auf 67, kombiniert mit der Einführung des Nachhaltigkeitsfaktors aus dem Jahr 2005 schienen die Verheißungen des ehemaligen Arbeitsministers Blüm „die Rente ist sicher“ das erste Mal seit langer Zeit der Realität wenigstens etwas näher.

Heute, zu Zeiten der Finanzkrise, scheint dies jedoch alles vergessen. Die Rentner erfahren durch Manipulationen an der Rentenformel ungerechtfertigt die größte Rentensteigerung seit 15 Jahren, während die Beitragszahler mit Kurzarbeit und Reallohnverlusten kämpfen. Durch das Aussetzen der Riester-Treppe aus dem vergangenen Jahr steigt der Renten-Beitragssatz auf die schwindelerregende Höhe von 21,1 Prozent im Jahr 2011. Darüber hinaus wird jetzt noch die Rente mit 67 ins Visier genommen. Das Argument: infolge der Rezession drohe die Arbeitslosigkeit zu steigen – um dem entgegenzuwirken sollen alte Arbeitnehmer Platz für junge machen.

Die Argumente von 2006 scheinen im Wahlkampf 2009 vergessen worden zu sein. Dabei lehrt die Erfahrung, dass die frühere Ausmusterung älterer Arbeitnehmer die Beschäftigungschancen der jüngeren nicht verbessert. Das Gegenteil ist sogar der Fall. Höhere Sozialabgaben erhöhen die Arbeitskosten und veranlassen Unternehmen stärker als bisher, Jobs abzubauen. Die zukünftigen Beitrags- und Steuerzahler werden durch den demografischen Wandel ohnehin schon so stark belastet, wie keine Generation vor ihnen. Die frühzeitige „Ausmusterung“ älterer Arbeitnehmer war ökonomisch noch nie sinnvoll. Zukünftig wird es unbezahlbar sein.

Finanzmarkt, Steuern und FinanzenTagged , , , , , Leave a Comment on Bad Bank für Landesbanken: Schwache Anreize

Bad Bank für Landesbanken: Schwache Anreize

Bilanzsummen und Jahresergebnis der deutschen Landesbanken

Nach der Einführung eines Bad-Bank-Modells  für Geschäftsbanken gilt es nun die Bilanzen der Landesbanken zu sanieren. Am 10.06. hat das Bundeskabinett auch die Einführung von Bad Banks für Landesbanken gebilligt.  Fraglich bleibt, ob das vorgeschlagene Modell den Landesbanken wirklich weiterhilft, meint ÖkonomenBlog-Autor Thomas Hartmann-Wendels.

Das Bad Bank-Konzept für die Landesbanken unterscheidet sich in zwei Punkten von der Bad Bank für die privaten Banken: 1. Die Landesbanken können nicht nur toxische Wertpapiere, sondern auch ganze Geschäftsbereiche, die restrukturiert werden sollen, auslagern, und 2. die Eigentümer der Landesbanken müssen Verluste, die nach der Abwicklung übrig bleiben, in voller Höhe tragen. Die Unterschiede beruhen zum einen darauf, dass es bei den Landesbanken nicht nur darum geht, die Folgen von Fehlinvestitionen in Verbriefungstranchen zu bereinigen, sondern dass das gesamte Geschäftsmodell der Landesbanken grundlegend reformiert werden muss. Zum anderen sind bei den Landesbanken, anders als typischerweise bei privaten Banken, die Eigentümer bekannt und sie sind in dieser Rolle schon seit Jahren für die Fehlentwicklungen im Landesbankensektor mit verantwortlich.

So einleuchtend die Unterschiede auf den ersten Blick auch erscheinen, so ist doch fraglich, ob das Bad Bank-Modell den Landesbanken wirklich weiterhilft. Wenn die Eigentümer letztlich für alle Verluste vollständig aufkommen müssen, haben sie kaum einen Anreiz, die Bad Bank in Anspruch zu nehmen. Ohne die Auslagerung toxischer Wertpapiere und unrentabler Geschäftsfelder wird aber die dringend benötigte Konsolidierung unter den Landesbanken nicht vorankommen. Die Sparkassen fragen nicht zu unrecht, warum sie stärker in die Haftung genommen werden als die Eigentümer anderer Banken. Unabhängig davon, ob man diese Ungleichbehandlung als gerecht oder ungerecht ansieht, nützt es niemandem, wenn die Sparkassen sich als Folge der unabsehbaren Belastungen, die auf sie zukommen, gezwungen sähen, ihre Kreditvergabe einzuschränken. Daher sollte die Haftung für die Sparkassen abgemildert werden, zum einen, um die Geschäftstätigkeit der Sparkassen nicht in Mitleidenschaft zu ziehen, zum anderen um einen Anreiz zu geben, die überfällige Konsolidierung endlich in Gang zu bringen.

Bildung, Finanzmarkt, Ordnungspolitik, SozialesTagged , , 1 Kommentar zu Konjunkturpakete: Bildung kommt zu kurz!

Konjunkturpakete: Bildung kommt zu kurz!

Deutschland stemmt sich mit Milliarden gegen die Wirtschaftskrise. Aber mit welchem Erfolg? ÖkonomenBlog-Autor Ferdinand Pavel bezweifelt einen langfristigen Impuls. Denn bei den Konjunkturpaketen kommen Investitionen in die Bildung viel zu kurz.

Im Rahmen der Konjunkturpakete geplante Ausgaben für Bildung.

Das deutsche Bildungssystem bedarf dringend der Verbesserung. Zahlreiche Studien wie die PISA-Studien der OECD, der jährlich vom World Economic Forum in Davos veröffentlichte „Global Competitiveness Report“ oder der Innovationsindikator des DIW Berlin belegen, dass insbesondere die Qualität der Bildung in Deutschland international nicht wettbewerbsfähig ist.

Im Rahmen der zum Jahreswechsel beschlossenen Konjunkturpakete verspricht die Bundesregierung „signifikante Investitionen in Bildung“. Tatsächlich sollen in diesem Zusammenhang durch Bund und Länder knapp 8 Mrd. Euro zur Verfügung gestellt werden.  Ein derartiges Investitionsvolumen weckt auf den ersten Blick Hoffnung auf eine nachhaltige Verbesserung des Bildungssystems. Allerdings lässt bereits der zweite Blick berechtigte Zweifel an der Ausgewogenheit der Pläne aufkommen. So beschränken sich die Ausgaben vor allem auf die Verbesserung der Bildungsinfrastruktur, wobei die Investitionsschwerpunkte im Bereich der energetischen Sanierung liegen.

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Finanzmarkt, OrdnungspolitikTagged , , 1 Kommentar zu Verbote verschenken Effizienzpotential

Verbote verschenken Effizienzpotential

Summe der SWAP-Kontrakte amerikanischer Banken

Bereits im Jahr 1952 betonte Walter Eucken die Bedeutung von Haftung für einen funktionierenden Wettbewerb. „Investitionen werden umso sorgfältiger gemacht, je mehr der Verantwortliche für diese Investitionen haftet. Die Haftung wirkt insofern also prophylaktisch gegen eine Verschleuderung von Kapital und zwingt dazu, die Märkte vorsichtig abzutasten.“ So definierte er eines der konstituierenden Prinzipien in seinem Buch „Grundsätze der Wirtschaftspolitik“.

Noch immer überwiegt die Stimmungslage, Marktversagen und Gier hätten die Welt in die Finanzkrise gerissen. Eine genaue Betrachtung fördert jedoch anderes zu Tage. Ursächlich ist die Aushebelung des oben zitierten Euckenschen Prinzips der Haftung. Ob durch vollständige Verbriefung der Hypotheken oder mangelnde Rechenschaftspflicht der Ratingagenturen – immer wurde versucht, Haftung auszuschließen. So wurde permanent gegen ein entscheidendes Ordnungsprinzip der Sozialen Marktwirtschaft verstoßen.

Während in der Industrie die Arbeitsteilung zur Mehrung des Wohlstands beiträgt, scheint sie im Finanzsystem zum Kern des Problems zu führen. Hier bedeutet Arbeitsteilung zugleich fortschreitende Risikoteilung, was manche in der Vergangenheit irrtümlich mit Minderung des Gesamtrisikos gleichgesetzt haben. Die Aufteilung von Risiken kann aber nur dazu beitragen, die Risiken transparenter und damit besser einschätzbar zu machen. Dadurch können unterschiedliche Risikoattribute auf geeignete Kapitalgeber verteilt werden. Doch genau darin liegt auch das Problem. Denn die Zerlegung von Risiken funktioniert nur dann, wenn nicht zugleich Anreize geschwächt oder gar aufgelöst werden, das Risikogrundgeschäft im Auge zu behalten. Denn eine Delegation von Verantwortung, wie sie durch Kapitaleigner stattfindet, bedeutet nicht, dass Haftung ins Nichts verschoben wird. Bei der Verbriefung der Hypotheken ist aber genau dies der Fall.

Sucht man nun nach einer klugen Regulierung, können Verbote innovativer Finanzprodukte nicht die Lösung sein. Denn das wäre zu ungenau und würde Effizienzpotentiale verschenken, und der Regulierer verausgabte sich in einem nicht zu gewinnenden Wettlauf zwischen Hase und Igel. Stattdessen spricht viel für einen obligatorischen Selbsterhalt bei derivaten Finanzprodukten. Das würde die Haftungskette stärken.


Zur Grafik: Mit SWAP-Kontrakten können sich Banken und Käufer von Anleihen gegen Zahlungsausfälle versichern. Für Banken ist diese Art von Absicherung besonders verführerisch, weil versicherte Aktiva nicht zum Risikokapital zählen und deshalb nicht mit Eigenkapital unterlegt werden müssen.

Europa, FinanzmarktTagged , , , 1 Kommentar zu Rückkehr zum Protektionismus?

Rückkehr zum Protektionismus?

Importzoelle in der EU

Als Angela Merkel Anfang April die Ergebnisse des Weltfinanzgipfels in London vor den Medien bewertete, stand ein Thema besonders im Focus: Protektionismus. Die Bundeskanzlerin sagte damals: “Wir haben deutlich gemacht, dass wir gegen den Protektionismus eintreten.”

Doch wie sieht die Wirklichkeit seitdem aus? Seit Anfang April haben WTO und Weltbank allein 23 neue Handelsrestriktionen festgestellt, seit Oktober 2008 sogar 89. Dabei ist Protektionismus sehr vielschichtig: Die US-Regierung hat ihr Konjunkturpaket mit einer “Buy-American-Klausel” versehen, mit der sie die Behörden zwingt, im Zweifel nationale Produkte zu kaufen. Gleichzeitig fördert die deutsche Bundesregierung den Autoabsatz von Volkswagen dadurch, dass die zum Konzern gehörende Bank staatlich gestützt wird und damit attraktivere Konditionen als der Markt anbieten kann. Russland hat seinen Einfuhrzoll für Stahl auf 15-20 Prozent, für Pkw auf 30 Prozent sowie für Lkw auf 25 Prozent erhöht.

Die Politik hat aus der Weltwirtschaftskrise der 30er Jahre des vergangenen Jahrhunderts nichts gelernt. Wie die Deutsche Bank in einer aktuellen Studie richtig darstellt, hat der Smoot-Hawley Tariff Act in den USA unter Präsident Hoover im Jahr 1930 die damalige weltweite Protektionismusspirale eingeleitet. Insgesamt wurden damals die Zölle in den USA für über 900 Waren erhöht, der Durchschnittszollsatz stieg von 25 auf 50 Prozent. Andere Länder zogen nach. Die Rezession wurde durch die Zollmauern zusätzlich verschärft und verlängert. Die Folgen waren verheerend. In den USA schrumpfte das Bruttosozialprodukt von 1929 bis 1933 um ein Viertel. Die Arbeitslosigkeit stieg bis auf 25 Prozent. Erst 1936 erreichte die amerikanische Wirtschaft wieder das Niveau von 1929.

Ludwig von Mises, der die damalige Weltwirtschaftskrise vorhergesagt hatte, meinte dazu treffend: “Die Vorstellung, staatliche Einmischungen seien eine ‚Lösung' für wirtschaftliche Probleme, bewirkt in jedem Land Zustände, die zumindest äußerst unbefriedigend und oft geradezu chaotisch sind. Wenn der Staat nicht rechtzeitig aufhört, führen solche Eingriffe unvermeidlich zum Sozialismus.” Es wäre gut, wenn die Regierungen wenigsten dieses Mal auf ihn hören würden.

Finanzmarkt, Soziales, Steuern und FinanzenTagged , , , 1 Kommentar zu Schuldenbremse: Mit Tesa an den Mast gekettet

Schuldenbremse: Mit Tesa an den Mast gekettet

Schuldenlast in Prozent des BIPNoch nie war Deutschland so hoch verschuldet wie heute. Jetzt plant die Politik eine Schuldenbremse. Der Bundesrat entscheidet am Freitag.  Von der Sache her gut, findet der ÖkonomenBlog Autor Ulrich van Suntum. Problematisch sei jedoch die Möglichkeit, die Selbstbindung auszuhebeln.

Zum Ende der Legislaturperiode hat die Große Koalition doch noch etwas Gescheites zustande gebracht. Mit Zweidrittelmehrheit wurde im Bundestag jetzt eine Schuldenbremse im Grundgesetz durchgesetzt. Demnach dürfen die Länder ab 2020 gar keine neuen Schulden mehr machen, der Kreditspielraum des Bundes wurde auf 0,35% des BIP begrenzt. Die Regelung wurde in der Föderalismuskommission mit den Ländern abgestimmt, so dass auch mit der Zustimmung des Bundesrates gerechnet werden kann.

Damit folgt Deutschland der Schweiz , wo eine Schuldenbremse bereits 2001 in der Bundesverfassung verankert wurde. In einigen Kantonen gibt es entsprechende Regelungen schon sehr viel länger, und zwar durchaus mit Erfolg. Der Trick ist der gleiche, den einst Odysseus anwandte: Er ließ sich an den Mast seines Schiffes binden, um nicht von den verführerischen Sirenenklängen ins Verderben gelockt zu werden. Ebenso berauben sich nun die Politiker selbst der Möglichkeit, wählerwirksam ständig mehr Geld auszugeben, als sie eigentlich haben. Auch das führt nämlich letztlich ins Verderben, wenn auch erst in einigen Jahrzehnten.

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Diskriminierung von Wettbewerb

Beantragte oder genehmigte KFW-Kredite

Opel, Karstadt, Märklin, Rosenthal, Porsche, Scheaffler: in diesen Tagen wimmelt es nur so von Hilferufen nach dem Staat. Besondere Umstände erfordern besondere Maßnahmen, heißt es. In der gegebenen Situation könne der Staat nicht nach ordnungspolitischen Prinzipien agieren. Kritik an dieser Position wird schnell als altes, unangemessenes Denken bewertet. Doch selbst die Mehrheit der Bevölkerung hegt große Zweifel am Kompetenzanspruch des Staates. Denn staatliche Intervention ist kein Selbstläufer. Wie aber, nach welcher Systematik soll der Staat in einer solchen Krise eingreifen? Was soll er, wie hilft er, was kann er nicht? Die Ordnungspolitik, deren Theorien konsistent die Staatsaufgaben in der Marktwirtschaft beschreiben, bietet eine Strategie für Krisenprävention, nicht aber für Krisenheilung. Und dennoch wäre es fatal, sie während der Krise auszublenden. Es darf während der Krisenbewältigung keine dauerhaften Verstöße gegen diese Ordnungsprinzipien geben. Jede Würdigung von Einzelfällen ist mit der Diskriminierung von Wettbewerb verbunden, direkt durch Intervention, oder indirekt durch die Verwendung von Steuermitteln.

Gute Begründungen für staatliche Intervention mag es in Einzelfällen geben, es fehlt jedoch die Kraft zur Begrenzung. Es droht die Gefahr einer Interventionsspirale. Besonders beliebt ist der Verweis auf systemische Relevanz. Doch außerhalb des Finanzsektors führt der Begriff in die Irre. Systemrelevanz ist in der Realwirtschaft gleichzusetzen mit Größe, was freilich kein wirkliches Argument ist. Und eine überzeugende Diskriminierung in Einzelfällen lässt sich daraus auch nicht ableiten. Gleich verhält es sich mit dem Argument, die Unternehmenssituation sei nicht selbstverschuldet, sondern ist mit der Krise zu begründen. Es führt kein Weg an der Erkenntnis vorbei, dass der Staat in dieser Krise nur gesamtwirtschaftlich handeln kann. Denn als Wunderheiler für die Probleme einzelner Unternehmen ist er ungeeignet.


Zur Grafik: Die Bundesregierung hatte im Rahmen der insgesamt 52,5 Mrd. Euro schweren Sonderkreditprogramme über die staatseigene Förderbank KfW 15 Mrd. Euro für kleine und Mittelgroße Unternehmen und 25 Mrd. Euro für Kredite an Großunternehmen mit mehr als 500 Mio. Euro Umsatz bereitgestellt. Nach Angaben der Förderbank KFW sind inzwischen über 1.200 Anfragen für Kredite aus dem Deutschlandfonds eingegangen.

Arbeitsmarkt, Finanzmarkt, Steuern und FinanzenTagged , , , , 5 Kommentare zu Geld fällt nicht vom Himmel

Geld fällt nicht vom Himmel

Opel soll gerettet werden. Arcandor auch? Der Vorsitzende der Monopolkommission Justus Haucap befürchtet einen Dammbruch: Wie soll man den über 50.000 Arcandor-Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern erklären, dass ihre Arbeitsplätze nicht rettungswürdig sind?

Ich halte die staatliche Rettung von Opel mit Bürgschaften und Krediten von bis zu 4,5 Mrd. Euro für einen großen Fehler. Das wären bei etwa 24.000 verbleibenden Arbeitsplätzen 187.500 Euro pro Arbeitsplatz. Das kann eine sehr teure Angelegenheit werden, vor allem wenn Opel in ein paar Jahren doch bankrott gehen sollte. Die Managementfehler der Vergangenheit werden so sicher nicht korrigiert, und es wird auch für die Autofahrer nicht wirklich attraktiver, einen Opel zu kaufen. Die strukturellen Probleme bleiben also ungelöst. Zudem drohen erhebliche Wettbewerbsverzerrungen, anderen Automobilherstellern macht man so das Leben schwer. Die Überkapazitäten bleiben am Markt. Und der deutsche Steuerzahler subventioniert damit den Technologietransfer nach Russland.

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Finanzmarkt, Ordnungspolitik, Soziales, Steuern und FinanzenTagged , , , , , 5 Kommentare zu Unsozialer Wohlfahrtsstaat

Unsozialer Wohlfahrtsstaat

Entwicklung der Sozialleistungen je Einwohner seit 1960

Der Sozialstaat hat in den vergangenen Dekaden tüchtig zugelegt. Lag der Anteil der im Sozialbudget erfassten Leistungen  in den sechziger Jahren noch unter der 25-Prozent-Marke, kletterte er in den Siebzigern auf fast 30. Der Höhepunkt wurde im Jahr 2003 erreicht. Zu dieser Zeit gab der Staat mit 32,3 Prozent fast ein Drittel der jährlichen Wirtschaftsleistung für die soziale Sicherung aus. Ob Krankenversicherung, Rente, Kindergeld, Hilfe zur Erziehung, Seniorenarbeit und so weiter und so fort. Es gibt fast keinen Bereich, in dem sich nicht auch der Staat „sozial“ engagiert. Jeder wollte immer mehr vom Kuchen abhaben: Pro Einwohner stiegen die Sozialausgaben inflationsbereinigt von etwa 2.200 Euro im Jahr 1960 auf 7.477 Euro im Jahr 1990 und sogar auf über 9.000 Euro im Rekordjahr 2003. Erst mit der Agenda 2010 und in den Wachstumsjahren 2007 und 2008 kam es wieder zu einem Rückgang. Das war auch notwendig: Denn durch einen zu fetten Staat und durch übertriebene staatliche Führsorge gehen wichtige Anreizstrukturen verloren. Dabei warnte schon der Gründer der Sozialen Marktwirtschaft, Ludwig Erhard, vor der Gefahr eines Versorgungsstaates: „Nichts ist (…) in der Regel unsozialer als der so genannte „Wohlfahrtsstaat“, der die menschliche Verantwortung erschlaffen und die individuelle Leistung absinken lässt.“


Jeden Montag oder Dienstag werden im ÖkonomenBlog Beiträge aus der Reihe „Wohlstands-Bilanz-Deutschland“ veröffentlicht, mit denen die 60-jährige Erfolgsgeschichte der Sozialen Marktwirtschaft nachgezeichnet und auf neue Herausforderungen hingewiesen wird. Eine umfassende Übersicht über Wohlstands-Parameter wie Einkommen, Vermögen, Lebensqualität und Bildungschancen finden Sie auf der Internetseite http://www.wohlstandsbilanz-deutschland.de/

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Staat ein schlechter Investor

Verluste der Staatsfonds

Stehen wir wirklich vor der Rückkehr des Staates als Unternehmenslenker? Zumindest wächst seine Rolle als Anteilseigner, wenn er sich jetzt in der Krise an Banken und Konzernen beteiligt. Toll finden das die Etatisten, denen immer schon russische oder arabische Staatsfonds imponierten. Die Staatsfonds haben aber mit ihren Investments kräftig daneben gegriffen, kauften z. B. zum falschen Zeitpunkt US Banken, was Beteiligungen des Staatesnebenbei zeigt, dass Staatsbürokratien die Finanzkrise auch nicht vorhersahen, und vernichteten Milliarden an Kapital – das des Steuerzahlers, versteht sich. Deutschland baut dagegen seit 20 Jahren brav Staatsbeteiligungen ab, was sich alles in allem als segensreich erwies. Diese Erfahrung wird bleiben: Der Staat ist als Unternehmer überfordert.