Grundsätzlich fordert die Einstellung von Flassbeck zur Staatsverschuldung zum Widerspruch auf, wenn er lapidar schreibt: „Der Staat kann darüber hinaus auch auf das Vermögen und das Einkommen seiner Bürger zurückgreifen und dadurch sozusagen sein eigenes Vermögen erhöhen“. Sicherlich kann der Staat die Steuer drastisch erhöhen. Aber mit der steigenden Steuerbelastung werden auch die Bestrebungen der Steuerzahler zunehmen, sich diesem staatlichen Zugriff zu erwähren. Schwarzarbeit, Steuerhinterziehung Kapitalflucht werden zunehmen. Leistungsträger werden abwandern. Allesamt bereits heute schon ernstzunehmende Probleme.
In dieses Argumentationsschema passt dann auch der Hinweis des Autors, dass Staaten aus einem weiteren Grund nicht pleite gehen können: „Das aber ist das unerhörte Privileg von Staaten, sie können ihr eigenes Geld drucken!“. Selbstverständlich steht einem Staat, der sich in Zahlungsschwierigkeiten befindet, grundsätzlich die Option offen, einfach die Druckerpresse anzuwerfen. Dass dies jedoch kein Ausweg aus der Schuldenkrise, sondern letztendlich krisenverschärfend wirkt, mussten gerade die Deutschen während der Hyperinflation in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts leidvoll erfahren. Folglich ist die als „neoliberales Dogma“ kritisierte „scharfe Trennung von Fiskus und Zentralbank, die berühmte Unabhängigkeit der Zentralbank“ schlicht das Ergebnis historischer Erfahrungen.
Skeptisch gegenüber den Marktergebnissen fordert der Autor aber auch in vielen anderen Bereichen – ob Lohn, Wechselkurs oder Zins – ein verstärktes Engagement des Staates, um die durchgehend als „falsch“ titulierten Resultate des Marktes zu korrigieren. Leider bleibt er dabei die Antwort schuldig, wie dies praktisch umgesetzt werden soll. Wer die Tarifautonomie aufhebt und den Staat ermächtig, bei der Findung des „richtigen“ Lohns mitzuwirken, sollte zumindest die Frage thematisieren: Wie soll verhindert werden, dass sich die Parteien im Wahlkampf nicht mit ihren Versprechen bezüglich des künftigen Lohnniveaus überbieten? Und nicht weniger anspruchsvoll dürfte sich die Suche nach dem „richtigen“ Wechselkurs erweisen, wie die Debatten beim G-20-Gipfel in Südkorea gezeigt haben.
Heiner Flassbeck arbeitet seit 2000 bei den Vereinten Nationen in Genf und ist dort als Direktor zuständig für die Divisionen Globalisierung und Entwicklung.