Die Koalitionsverhandlungen sind in vollem Gange. Ein Wahlgeschenk reiht sich ans andere. Am Ende zahlen die Bürger die Zeche.
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INSM – ÖkonomenBlog, Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM)
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Die Koalitionsverhandlungen sind in vollem Gange. Ein Wahlgeschenk reiht sich ans andere. Am Ende zahlen die Bürger die Zeche.
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Noch sprudeln die Einnahmen der gesetzlichen Krankenversicherung – der wachsenden Wirtschaft und den guten Arbeitsmarktzahlen sei Dank. Doch die Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung werden das Einnahmenplus voraussichtlich schon im Jahr 2014 in ein Minus verwandeln. Doch das müsste nicht so sein.
Continue reading “GKV: “Wenn Flut ist, erkennt man nicht, wer nackt schwimmt””
Die Praxisgebühr hat ihren Zweck nicht erfüllt. Die Zahl der Arztbesuche in Deutschland ist immer noch hoch. Dennoch ist es richtig, bei den Patienten für mehr kostenbewusstsein zu sorgen. Doch anstatt den Krankenkassen weitere gesetzliche Fesseln anzulegen, sollte der Gesetzgeber mehr Freiheit und Wettbewerb im Gesundheitssystem zulassen.
In der Debatte um die Verwendung der Überschüsse der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) wird auch die Reduzierung des Bundeszuschusses erwogen. Dies wäre jedoch nicht sachgerecht.
Continue reading “Die Überschüsse der GKV gehören den Beitragszahlern!”
Mehr Transparenz, Stabilität und Gerechtigkeit im Gesundheitssystem – dies waren die angekündigten Ziele der letzten Gesundheitsreform. Das Ergebnis ist mehr als ernüchternd. Dabei sind die Mängel des heutigen Systems so offensichtlich: Leistungsfähigkeit und Bedürftigkeit orientieren sich ausschließlich an den Löhnen und Renten. Sonstige Einnahmen werden nicht berücksichtigt. Neben der unsystematischen Umverteilung induzieren lohnabhängige Beiträge außerdem negative Arbeitsmarktwirkungen. Trotzdem werden nun weder die lohnabhängigen Beiträge noch die beitragsfreie Mitversicherung von Ehegatten abgeschafft. Damit werden mitunter auch weiterhin Personen unterstützt, die selbst für ihre Beiträge aufkommen könnten und dies von Bürgern, die weit weniger haben.
Unsystematische Umverteilungsströme ergeben sich auch bei den pauschalen Zusatzbeiträgen. Der Sozialausgleich knüpft auch hier nur an Löhnen und Renten an. Zusätzlich werden ganze Gruppen von der Zahlung der Zusatzbeiträge befreit: So müssen weder beitragsfrei Mitversicherte noch die Bezieher von „Entgeltersatzleistungen“ Zusatzbeiträge entrichten. Zu letzteren gehören beispielsweise Bezieher von Elterngeld. Warum diese Gruppe ausgenommen wird, bleibt völlig unklar. Sind sie besonders bedürftig, weil sie Kinder erziehen? Und warum ist man als Bezieher von Elterngeld anders zu behandeln als beispielsweise ein ALG-I-Bezieher – übrigens auch eine Entgeltersatzleistung –, der nach dem Willen der Koalition Zusatzbeiträge entrichten muss? Hier ist keinerlei Systematik zu erkennen. Kurz: Keines der Reformziele wurde erreicht. Wie bei allen anderen Gesundheitsreformen zuvor muss man wohl auch diesmal wieder feststellen: Nach der Reform ist vor der Reform.
Voraussichtlich 11 Milliarden Euro werden kommendes Jahr in der Gesetzlichen Krankenversicherung fehlen. Um die Finanzierungslücke zu schließen, setzt die Politik schwerpunktmäßig auf ein allseits bekanntes Instrumentarium: Der Beitragssatz zum Gesundheitsfonds soll von 14,9 auf 15,5 Prozent erhöht werden. Dadurch würden die Beitragszahler mit rund 6 Milliarden Euro zusätzlich belastet. Zwar sieht der Entwurf zum GKV-Finanzierungsgesetz auch Einsparungen auf der Ausgabenseite vor. Aber hier werden nur Kosten budgetiert.
Erstens sollen die Verwaltungsausgaben der Krankenkassen eingefroren werden. Eine unnötige Maßnahme, da die GVK-Versicherten durch einen Wechsel zu einer Kasse mit niedrigeren Verwaltungskosten hier selbst für Abhilfe sorgen können. Zweitens sollen die Erlöszuwächse von Krankenhäusern begrenzt werden. Problematisch erscheint hier nicht nur, dass andere Leistungserbringer wie die Apotheken von diesen Maßnahmen zur Kostendämpfung nicht tangiert werden. Das eigentliche Manko besteht darin, dass keinerlei Effizienzsteigerungen der Leistungserbringer im Gesundheitswesen eingefordert werden.
Positiv anzumerken ist aber die Reform der Finanzierungsseite, d.h. die Verbesserung der Art des Sozialausgleichs bei den Zusatzprämien. Er erfolgt nun über den Gesundheitsfonds statt innerhalb einer Krankenkasse.
Dr. Boris Augurzky ist seit 2003 Leiter des Kompetenzbereichs „Gesundheit“ am Rheinisch-Westfälischen Institut Essen. Seine Forschungsinteressen liegen auf angewandten ökonometrischen Fragestellungen im Bereich der Gesundheitsökonomie.
Zur Grafik: Seit dem 1. Juli 2005 ist ein von den GKV-Mitgliedern (Arbeitnehmer und Rentner) allein zu bezahlender Sonderbeitrag von 0,9 Prozent in den ausgewiesenen Werten mit enthalten. Seit 2009 gilt ein für alle GKV- Mitglieder einheitlicher Beitragssatz. Zur Jahresmitte 2009 wurde der Beitragssatz durch zusätzliche Mittel aus dem Bundeshaushalt im Rahmen des Konjunkturpaketes nach unten korrigiert.
Weitere Informationen zu diesem Thema:
*Bereits im Januar 2009 hatte Prof. Dr. Felder, Leiter des Lehrstuhls für Gesundheitsökonomie an der Universität Duisburg-Essen, in dem Beitrag „Gesundheit: massive Defizite“ im ÖkonomenBlog dafür plädiert, die Effizienzreserven im Gesundheitssystem zu heben.
*Hier geht es zur Pressemitteilung zur RWI Position #37: „Die Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung – Ein Kommentar des Gesetzentwurfes zum GKV-FinG“
*Hier geht es zur RWI Position #37: „Die Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung – Ein Kommentar des Gesetzentwurfes zum GKV-FinG“
Gerade erst wurden die Beiträge zu gesetzlichen Krankenkasse – dank Steuermilliarden – von 15,5 auf 14,9 Prozent heruntergeschraubt. Nun sind die Kassen wieder leer und die Beiträge steigen wieder auf 15,5 Prozent. Doch das eigentliche Problem ist damit nicht gelöst. Auf die Steuer- und Beitragszahler rollt ein Kostentsunami, wenn nicht endlich eine systematische Umsteuerung gelingt.
Im Jahr 2040 wird es doppelt so viele Alte und Kranke geben wie heute. Gleichzeitig verringert sich die Anzahl der Zahler um ein Drittel. Allein dieser demographische Effekt wird die Beitragssätze bei gleich bleibendem Leistungsniveau auf 20 Prozent steigen lassen. Rechnet man den Kostendruck durch den medizinischen Fortschritt hinzu, muss der Beitrag auf etwa 28 Prozent steigen – für die kommenden Generationen unzumutbar.
Was ist also zu tun? Erst einmal: Lohn und Gesundheit muss entkoppelt werden, denn eine Lohnerhöhung macht nicht kranker. Doch die Lösung des Problems liegt auf der Ausgabenseite. Hier bestehen grundsätzlich zwei Möglichkeiten: Entweder wir verstaatlichen das ganze System endgültig und überlassen die Rationierung dem Staat. Ärzte werden dann qausi zu Beamten, die nach Wartelisten und Punktesystemen behandeln und um 17 Uhr Feierabend machen. Der Preis ist dann eine Zwei-Klassengesellschaft, denn Reiche gehen – wie in England – woanders hin. Oder aber wir wählen die Marktlösung. Ärzte und Krankenhäuser werden dann zu Unternehmen die Geld verdienen wollen und sollen. Die Patienten sind Kunden und erhalten für die in Anspruch genommenen Leistungen eine Rechnung, die sie deshalb gut prüfen, weil sie die Rechung nur zum Teil erstattet bekommen.
Beide Möglichkeiten sind umsetzbar: Die planwirtschaftliche Lösung bietet für alle – bis auf die ganz Reichen – eine gleiche Versorgung auf niedrigem Niveau. Die Marktwirtschaftliche schafft grundsätzlich eine bessere Versorgung für alle, doch die Ungleichheit der Behandlungen wird größer. Wir müssen uns entscheiden: Eine gute Versorgung, oder die Tatsache, dass bei schlechter Versorgung der Nachbar auch nicht mehr hat.
Die ursprüngliche Langfassung dieses Beitrags ist am 07.07.2010 im Handelsblatt erschienen.
Eine heiße Woche liegt hinter uns. Nach der denkwürdigen Bundespräsidentenwahl hat die bürgerliche Koalition nur noch eine Chance: Sie muss einen programmatischen Neustart wagen. Die Regierung muss mit einer Agenda 2020 klare Antworten auf die Probleme dieses Jahrzehnts geben.
Deutschland lebt von wirtschaftlicher Wertschöpfung durch qualifizierte Erwerbsarbeit. Wir verfügen über keine Rohstoffe. Unsere Ressourcen stecken in den Köpfen. Weil die Gesellschaft altert, sinkt das Erwerbspersonenpotential. Deshalb muss alles getan werden, damit alle Kinder und Jugendlichen über qualifizierte Ausbildungen verfügen. Zum Grundkonsens unserer Gesellschaft muss gehören, dass Menschen, die arbeiten könnten, vom Staat nicht dauerhaft alimentiert werden. Sozialtransfers müssen einen deutlichen Abstand zum Lohnniveau haben.
Die Mittelschicht macht Deutschland stark und bildet den Kern des wirtschaftlichen Wohlstands. Doch der Mittelstand bröckelt massiv, weil der Staat ihn auspresst wie eine Zitrone. Ohne eine Steuerreform, die den Zugriff des Staates auf die leistungsbereite Mittelschicht nicht massiv begrenzt, wird diese tragende Säule unserer Gesellschaft kollabieren.
Um aber keine Illusionen zu nähren: Die gigantische Staatsverschuldung lässt keine Nettoentlastung der Steuerpflichtigen in Summe zu. Eine intelligente Steuerreform hat die Kriterien einfach, gerecht und transparent zu erfüllen. Das strategische Ziel einer solchen Steuerreform: Leistung muss sich lohnen!
Die Alterung der Gesellschaft belastet die Sozialkassen und lässt die Beiträge steigen. Das erhöht die Arbeitskosten und senkt die Reallöhne. Auch hier besteht Reformbedarf. Um konkret zu werden: Ohne pauschale Gesundheitsprämie und ohne Abschaffung der Rentenbestandsgarantie kann eine nachhaltige Finanzierung nicht gewährleistet werden.
Mit der Einführung einer Gesundheitsprämie von 250 Euro pro Kopf und Monat würde der Bund um rund 4,5 Milliarden Euro gegenüber dem Status quo entlastet! Für die meisten politischen Beobachter und Akteure scheint diese Aussage zu schön, um wahr zu sein, oder man unterstellt sozialen Kahlschlag. Unsere Berechungen beim Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) zeigen aber, dass man die gesetzliche Krankenversicherung hierüber sowohl effizient wie sozial finanzieren kann:
Eine Gesundheitsprämie von monatlich 250 Euro würde alle derzeitigen Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung decken. Und: Geringverdiener, bei denen die Prämie z. B. mehr als 14,9 Prozent (heutiger GKV Beitragssatz) ihres Einkommens ausmachen würde, hätten Anspruch auf einen steuerfinanzierten Ausgleich. Den Steuerzahler würde dies rund 16,3 Mrd. Euro kosten. Heute zahlt er fast genauso viel, aber als jährlichen Bundeszuschuss an den Gesundheitsfonds. Ohne diesen Bundeszuschuss müsste der Beitragssatz heute bei 16,5 Prozent liegen. Geht man also von diesem realistischen Beitragssatz aus und kompensiert alle Prämienbelastungen, die über 16,5 Prozent hinausgehen, dann reduzieren sich die Kosten für den Bund per Saldo auf 11,2 Milliarden Euro – 4,5 Milliarden weniger als heute.
Eine prämienfinanzierte gesetzliche Krankenversicherung ist möglich! Kein Taschenspielertrick! Wer es nicht glauben mag, kann nachrechnen. Unsere Datenbasis ist öffentlich.
Etwa 70 Millionen Menschen oder 87 Prozent der Bevölkerung sind in der gKV versichert, aber nur 8,6 Mio. Personen in der privaten Krankenversicherung. Seit Jahren leidet die gKV unter einem Kostenproblem. Die Ausgaben legten seit 1991 pro Kopf um durchschnittlich 1,1 Prozentpunkte pro Jahr stärker zu als die Beitragsbemessungsgrundlage.
Es ist zwar richtig, dass heute niemand ein zweigeteiltes System auf dem ökonomischen Reißbrett konstruieren würde, wenn er den Krankenversicherungsschutz neu organisieren dürfte. Aber angesichts der Fakten scheint es ebenso wenig wahrscheinlich, dass mit der Vereinheitlichung des Systems die Kernprobleme der heutigen GKV gelöst werden können. Schlimmer noch: Die Abschaffung der Kapital gedeckten Alternative würde den Beitrag ihrer Mitglieder zur Reduktion der intergenerativen Lastverschiebung zunichte machen. Denn ausgerechnet die viel gescholtenen Privatversicherten sorgen für ihre altersbedingt steigenden Ausgaben selber vor, statt wie in der umlagefinanzierten GKV die Lasten auf die schwächer besetzten nachfolgenden Jahrgänge zu überwälzen.
Das Gebot der Stunde lautet also: Konzentration auf die Probleme der GKV. Neben dem demographischen Wandel ist es vor allem das Zusammenspiel von mangelnder Kostenverantwortung der Versicherten und fehlendem Preiswettbewerb auf Versicherungs- und Leistungsmärkten, die die Ausgabenentwicklung in der GKV erklären. Und hier gilt es anzusetzen.
Continue reading “Gesundheitspauschale erschließt Effizienzreserven”
Prof. Eekhoff schrieb am 08. Januar im ÖkonomenBlog, eine pauschale Versicherungsprämie sei solidarischer als ein einkommensabhängige. Auch der ÖkonomenBlog-Autor Prof. van Suntum hält das bestehende System für ungerecht. Er wählt jedoch einen anderen Ansatz und lehnt eine Kopfpauschale ab.
Die von der Regierung angestrebte Kopfpauschale in der GKV ist keine gute Lösung. Niemand weiß, wo die für den Solidarausgleich nötigen Steuermittel herkommen sollen. Zudem ist die Gesundheitsprämie nicht risikoäquivalent, daher bleiben Risikostrukturausgleich und Kontrahierungszwang weiter notwendig. Und die Bevölkerung will nun einmal keine Einheitsprämie, sondern an der Leistungsfähigkeit orientierte Beiträge.
Heute wird der Solidarausgleich allein von den guten Risiken innerhalb der GKV getragen. Das sind diejenigen, die relativ viel verdienen, keine Familie haben und/oder relativ jung und gesund sind. Beamte, Selbständige und die Bestverdiener unter den Angestellten sind dagegen nicht direkt daran beteiligt, wobei sie allerdings bereits überdurchschnittlich hohe Steuern zahlen. Dieses duale System ist nicht nur ungerecht, sondern auch ineffizient, weil kaum Wettbewerb zwischen PKV und GKV besteht. So kann die GKV ihre guten Risiken nicht zur PKV abwandern lassen, weil sie dann ihre schlechten Risiken nicht mehr finanzieren könnte. Und die PKV kann die schlechten Risiken aus der GKV nicht aufnehmen, weil diese dann ihren Solidarausgleich verlieren.
Unsere Gesellschaft wird älter. Die Kosten für Gesundheit werden steigen. Arbeit kann man nicht unendlich verteuern, denn das kostet Jobs! Ohne eine tief greifende Reform der Krankenversicherung sind gallopierende Beiträge nicht zu verhindern. Das muss aber geschehen: Um den Teufelskreis stetig steigender Arbeitskosten zu durchbrechen, müssen die Gesundheitsausgaben schnellstmöglich von den Arbeitskosten entkoppelt werden. Das geht nur über eine Bürgerprämie, die jeder versicherte Erwachsene bezahlt – und zwar unabhängig von seinem Einkommen. Wer ein zu geringes oder kein Einkommen verdient, wird aus dem Steuertopf bezuschusst. So schaffen wir wieder ein logisches Versicherungssystem – und einen fairen solidarischen Ausgleich über das allgemeine Steueraufkommen.
Die Kosten dieser Umstellung müssen dann von der Allgemeinheit getragen werden: über alle Steuerarten – und nicht nur von den gesetzlich Versicherten. Zudem müssen ineffiziente Strukturen im Gesundheitssystem beseitigt werden. Und die Macht der Lobbygruppen – Ärzten, Apothekern, Kliniken, Pharmaindustrie und Krankenkassen – ersetzt werden durch einen marktwirtschaftlichen Wettbewerb. Das funktioniert am besten über ein bewährtes Ordnungssystem, den Preis. Denn: Was nichts kostet, ist nichts wert, wird unnötig nachgefragt oder verführt zu gewaltigen Mitnahmeeffekten. Das Rezept: Jeder Versicherte erhält künftig eine Rechnung für die von ihm nachgefragten medizinischen Leistungen. 90 Prozent übernimmt die Kasse, 10 der Versicherte. Für chronische Erkrankungen gibt es eine Obergrenze. Ergebnis: Mehr Kostenbewusstsein. Effizienter Mitteleinsatz, z. B. bei Medikamenten. Mit mehr Eigenverantwortung kommen wir zu einem gesünderen System. Doch wer traut der Bundesregierung diese Reformvolte wirklich zu?
Die Kosten im Gesundheitswesen laufen seit Jahren davon. Jetzt wollen die meisten Krankenkassen sogar bis Ende 2010 einen Zusatzbeitrag erheben. Zudem wird bereits unverhohlen über einen zusätzlichen Gesundheits-Soli debattiert. Um so besser, dass nun endlich auch über Einsparpotentiale nachdacht wird. “Wir werden uns die Ausgabenseite sehr genau anschauen”, sagte Gesundheitsminister Philipp Rösler dem “Spiegel”. Richtig so: Ran an den Speck!
Das Finanzministerium erwägt, Bürger und Unternehmen mit einer neuen Steuer tief in die Tasche zu greifen: Der Gesundheits-Soli soll angebliche Mehrkosten bei der Krankenversicherung refinanzieren. Wieso denn das? Die geplante Gesundheitsreform (einheitliche Beitragsprämie mit sozialem Ausgleich für Geringverdiener) soll nach Berechnungen des Finanzministeriums 35 Milliarden Euro teuerer sein als das bisherige System. Wenn das stimmt, sollte man auf diese Reform besser verzichten.
Prof. Dr. Johann Eekhoff kalkuliert allerdings anders – vor zwei Wochen im ÖkonomenBlog: „Eine Umstellung auf eine pauschale Prämie kombiniert mit einem sozialen Ausgleich würde keine zusätzlichen Steuermittel erfordern, denn dafür können die gewährten bzw. geplanten staatlichen Zuschüsse eingesetzt werden.“ Wie auch immer: So lange die Ausgabenexplosion in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) nicht aufgehalten wird, verbietet es sich, über Steuer- und Beitragssteigerungen nachzudenken.
Die Politik funktioniert aber anders: Keiner traut sich bisher, das Leistungsspektrum der GKV in Frage zu stellen – deshalb laufen die Kosten davon. Der Schätzerkreis beim Bundesversicherungsamt erwartet für 2010 allein bei Ärzten, Krankenhäusern und Arzneimitteln eine Ausgabensteigerung von mehr als fünf Milliarden Euro. Keiner tritt auf die Bremse. Stattdessen planen die Kassen, erstmals Zusatzbeiträge einzufordern. Nochmals eine Mehrbelastung für alle!
Warum nicht einfach mal sparen? Eine Studie des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI) und des Lehrstuhls für Gesundheitsökonomie der Universität Duisburg-Essen zeigt immerhin auf, wo Effizienzreserven im Gesundheitswesen bestehen: Überhöhte Preise und zu hohen Fallzahlen bei Leistungen der Krankenhäuser und Arztpraxen, Überkapazitäten bei Krankenhäusern und überzogene Handelsmargen bei Arzneimitteln. Effizienzreserven von bis zu 10 Milliarden Euro. Sie sind Folge mangelnden Wettbewerbs. Wie man effizienter mit dem Geld umgeht – das wäre der Auftrag an Kassen und Politik. Auf neue und teure Steuer-Solidarität sollten wir besser verzichten.
Hier gehts zum Beitrag von Spiegel-online: Finanzministerium erwägt Gesundheits-Soli.
Hier gehts zur RWI-Studie: Effizienzreserven im Gesundheitswesen.
Das im Koalitionsvertrag angestrebte Ziel, den sozialen Ausgleich in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) effizienter und gerechter zu gestalten, ist durch den steigenden Bundeszuschuss gefährdet. Das Problem ist: In der GKV wird zuviel Geld zu Gunsten der Versicherten umverteilt, die eine Unterstützung nicht brauchen. Denn die Höhe des Beitrags bemisst sich nach dem Arbeitseinkommen und nicht nach dem gesamten Einkommen. Versicherte mit hohen Kapitaleinkünften und vergleichsweise geringem Lohn, werden durch Versicherungsnehmer mit hohem Lohn aber möglicherweise geringerem Gesamteinkommen gestützt. Eine pauschale Versicherungsprämie wäre demnach solidarischer. Denn Arbeitnehmer erhielten nur einen Ausgleich, wenn sie tatsächlich bedürftig sind.
Die Umstellung zur Beitragspauschale ist nicht mit einer Erhöhung der Steuerfinanzierung des Versicherungssystems verbunden. Im Gegenteil wäre es sogar besser, beide Systeme schärfer zu trennen. Denn immerhin ist der Bundeszuschuss zur GKV nichts anderes als eine Subventionierung der Beitragszahler, die nicht in jedem Fall gerechtfertigt ist. Die kostenlose Mitversicherung von Kindern ist zum Beispiel, anders als behauptet, keine familienpolitische Leistung. Kinder sollten zwar weiterhin kostenlos mitversichert bleiben. Das ist aber kein Grund, die Erwachsenen mit Steuermitteln zu entlasten. Denn jeder erwachsene Versicherte war einst ein kostenlos mitversichertes Kind. Ein höherer Beitrag im Erwachsenenalter ist nichts anderes als eine sinnvolle Verteilung der Belastung über den Lebenszyklus.
Allgemein gilt: Zuschüsse aus Steuermitteln entkoppeln Leistung und Gegenleistung und verschleiern die tatsächlichen Versicherungskosten. Soll der Wettbewerb im Gesundheitssektor gestärkt werden, müssen die Kassen leistungsgerechte Beiträge verlangen können. Eine Umstellung auf eine pauschale Prämie kombiniert mit einem sozialen Ausgleich würde keine zusätzlichen Steuermittel erfordern, denn dafür können die gewährten bzw. geplanten staatlichen Zuschüsse eingesetzt werden. Die Beitragszahler würden sogar per Saldo entlastet. Das wäre ein wichtiger Schritt, die Leistungsfähigkeit der GKV nachhaltig zu sichern.